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Lausitzer Rundschau: Barack Obama inszeniert sich als Symbol des Aufbruchs: Der Kennedy-Effekt

Cottbus (ots)

Die Deutschen würden Obama wählen. Ob es die
Bürger der Vereinigten Staaten tun, muss sich erst noch zeigen. Aber 
seit Donnerstagabend ist es ein Stück wahrscheinlicher, dass der 44. 
US-Präsident ein Senator aus Illinois mit kenianischen Wurzeln sein 
wird.
Denn vor der Berliner Siegessäule ist viel von der Faszination 
sichtbar geworden, die den 46-Jährigen, der vor vier Jahren selbst in
den USA noch weitgehend unbekannt war, zum Sieg über die scheinbar 
unangreifbare Top-Favoritin Hillary Clinton in den US-Vorwahlen der 
Demokraten geführt hat. Und die jetzt 200 000 meist junge Menschen 
auf die erste politische Fanmeile lockte, die die Bundesrepublik je 
erlebt hat.
Es ist so etwas wie der Kennedy-Effekt: Der Kandidat wirkt so jung, 
dynamisch, charismatisch, voller Energie wie der legendäre 
US-Präsident, dessen jüngster Bruder Ted Obama nicht von ungefähr 
unterstützt. Besonders die Jungen spricht er an - mit einem 
Idealismus und einem Sendungsbewusstsein, wie das wohl nur 
US-amerikanische Politiker einigermaßen glaubhaft verkörpern können. 
Und vor allem dient er ihnen, so wie einst Kennedy, als 
Projektionsfläche ihrer Hoffnungen: Er inszeniert sich als Symbol für
den Aufbruch - und dafür, dass die Dinge nach acht Jahren George W. 
Bush wieder in Ordnung gebracht werden können. Dass Schluss sein soll
mit den Vereinigten Staaten des Waterboarding und des bornierten 
Unilateralismus, ist eine Überzeugung, die Europäer und US-Amerikaner
vereint. Und die Obama in seiner Rede mit ungewöhnlich 
selbstkritischen Passagen über die Fehler der Vereinigten Staaten 
bediente.
Auch sonst gelang dem Senator das Kunststück, sich gleichzeitig an 
das (Wahl-) Publikum zu Hause und an die Europäer zu wenden. Obamas 
Idealismus - die Forderungen nach dem Niederreißen der Mauern 
zwischen Völkern und Religionen oder die Rettung der Welt vor Hunger,
Terror, Aids und Klimakollaps - mag hierzulande belächelt werden. 
Aber es soll sich keiner täuschen: Der Kandidat wird die 
hochfliegenden Ideale, sollte er Präsident werden, mit ganz konkreten
Forderungen untersetzen - beispielsweise nach einer deutlichen 
Erhöhung des deutschen Truppenkontingentes in Afghanistan. Spätestens
dann wird manchem Fan von heute der Jubel im Halse stecken bleiben.
Vorerst aber bleibt Obama ein uneingelöstes Versprechen. Ein 
Versprechen, dass sich die einzig verbliebene Supermacht endlich 
wieder an die Lehre aus der Berliner Luftbrücke erinnert, die der 
Kandidat in der eindrucksvollsten Passage seiner Rede 
herausgearbeitet hat: Dass Herzen nicht durch den Abwurf von Bomben 
gewonnen werden können. Sondern nur durch Menschlichkeit und 
Solidarität.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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