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Weltspartag: "Unser zukünftiges Ich ist uns fremd"

Berlin (ots)

Am Donnerstag ist Weltspartag. Er soll den Gedanken des Sparens in den Köpfen der Menschen verankern - so die ursprüngliche Idee. Viele von uns leben aber lieber im Hier und Jetzt als Geld zurückzulegen und für die Zukunft vorzusorgen. Kein Wunder, sagt Dr. Holger Grethe, Arzt, Blogger und selbsternannter Quereinsteiger in Sachen Geldanlage. Denn die Menschen sind Meister im Verdrängen, das schließt die Zukunft mit ein. Das wollten wir genauer wissen.

Herr Grethe, der Mensch bringt die Vorausssetzung mit, erfolgreich zu sparen. Warum tun wir es dann nicht?

Dr. Holger Grethe: Menschen sind grundsätzlich sehr erfinderisch, wenn es darum geht, ihr irrationales Verhalten rational zu begründen. Wir sind, wie es so schön heißt, selten um eine gute Ausrede verlegen. Die wohl häufigste ist diese: "Ich kümmere mich später darum...". Wir sind Meister im Aufschieben und Verdrängen. Unser Verstand sagt uns zwar, dass Altersvorsorge eine wichtige Angelegenheit ist und man sich unbedingt darum kümmern müsste, aber eben nicht jetzt.

Das Tückische daran: Wer heute nicht spart, kann dies relativ lange folgenlos tun. Denn die Konsequenzen seiner Unvernunft spürt man leider erst in der (fernen) Zukunft. Dann wenn das Geld fehlt und man sich auf einmal ziemlich genau vorstellen kann, was mit dem Begriff "Altersarmut" gemeint sein könnte. Leider ist es dann zu spät. Besser ist, sich möglichst früh mit dem Thema auseinanderzusetzen und konsequent zu sparen. Dank Zinseszinseffekt sind die finanziellen Entbehrungen ja umso geringer, je eher man mit dem Vermögensaufbau beginnt.

Und warum leben wir lieber im Hier und Jetzt als dass wir an die Zukunft denken?

Grethe: Der Grund ist naheliegend: die Gegenwart ist unsere Realität und damit konkret, während die Zukunft nur abstrakt in unserer Vorstellung existiert. Wer für seine Zukunft vorsorgen will, muss dafür sparen und sparen bedeutet immer: verzichten. Wir müssen also heute spürbare Entbehrungen auf uns nehmen, ohne zu wissen, ob wir den Lohn für diese Bemühungen jemals erleben werden. Denn im Hinterkopf ist immer die Angst, früher aus dem Leben zu scheiden als es einem lieb ist. Damit wären dann alle Vorsorgeanstrengungen - also all der Verzicht - umsonst gewesen. Eine äußerst ärgerliche Vorstellung.

Sie sagen, wir betrachten unser "zukünftiges Selbst" immer als fremde Person. Was heißt das?

Grethe: Zuerst einmal ist es eine im wahrsten Sinne des Wortes phantastische Fähigkeit des menschlichen Gehirns, gedankliche Reisen in die Zukunft zu erlauben. Wir verdanken diese Fähigkeit dem entwicklungsgeschichtlich jüngsten Teil unsere Hirns: dem Frontallappen. Ohne Frontallappen wäre es uns nicht möglich, Handlungen zu planen und langfristige Strategien zu entwerfen. Wir würden schlicht keinen Sinn darin erkennen, für später vorzusorgen.

Je weiter allerdings der Zeitpunkt unserer Gedankenreise in der Zukunft liegt, desto verschwommener ist das Bild vor unserem inneren Auge. Wir können uns nur sehr vage vorstellen, wie wir in 20 oder 30 Jahren leben oder welche Bedürfnisse wir haben werden. Selbst wenn es uns gelingt, eine Vorstellung von unserem zukünftigen Selbst zu entwickeln, so bleibt uns diese Person doch fremd.

Pressekontakt:

Christian Lübke
Leiter Online- und Social-Media-Redaktion

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.
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Wilhelmstraße 43/ 43 G, 10117 Berlin

Tel.: +49 30 20 20 - 51 16
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