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Börsen-Zeitung: Ziebarts Befreiungsschlag, Kommentar von Stefan Kroneck zur geplanten Abspaltung der Speicherchip-Sparte bei Infineon

Frankfurt (ots)

Infineon führt nach jahrelangem Zaudern nun
einen strategischen Kurswechsel durch, den mancher schon seit langem
gefordert hat. Zu Beginn seiner Amtszeit im Herbst vorigen Jahres
lehnte Vorstandschef Wolfgang Ziebart noch eine Abspaltung der
Speicherchip-Sparte ab. Jetzt preist er dies als notwendigen Schritt,
um den Halbleiterkonzern aus seiner Ertragskrise zu führen. Der
ehemalige Continental-Manager setzt mit dem beabsichtigten Börsengang
des Kerngeschäfts das um, was sein Vorgänger Ulrich Schumacher
bereits früher verwirklichen wollte, aber wegen eines zu
eigenmächtigen Vorgehens gescheitert war.
Mit dem Ausgliedern des Massengeschäfts Speicherchips, das rund
40% zum Konzernumsatz beiträgt, zerschlägt Ziebart die Gesellschaft.
Infineon wird sich künftig auf die rentableren Logikchips für die
Automobil- und Industrieelektronik konzentrieren. Das Unternehmen
wird dadurch einerseits für Anleger berechenbarer, weil es nicht mehr
vom schwankungsanfälligen und kapitalintensiven Speicherchip-
Geschäft abhängig sein wird. Auf der anderen Seite hat sich Infineon
aber von einer Wachstumsstrategie verabschiedet, die darauf abzielte,
Samsung Paroli zu bieten und Schritt für Schritt gegenüber dem
Branchenprimus aufzuholen. Die beschlossene Abspaltung kommt dem
Eingeständnis gleich, mit diesem Konzept gescheitert zu sein.
Infineon wird sich künftig auf die Rolle eines Nischenanbieters in
der Halbleiterindustrie beschränken, was wiederum die Dax-
Zugehörigkeit der Firma gefährden könnte.
Mit dem eingeläuteten radikalen Schrumpfungsprozess mag Ziebart
manchen Analysten überzeugen, eine echte Perspektive für Infineon
bietet er damit aber nicht. Denn mit der Trennung von den
Speicherchips sind noch lange nicht alle Sorgen des Konzerns
beseitigt. Das defizitäre Kommunikationssegment wird noch so manche
Managementkraft binden und Gelder verschlingen, die notwendig sind,
um diesen Bereich aus dem Tief herauszubringen. Der bevorstehende
zyklusbedingte Abschwung im weltweiten Chipgeschäft wird Infineon bei
der Sanierung zurückwerfen. Aber auch angesichts eines hohen
Konzernverlustes ist es schwer vorstellbar, das der ausgegliederte
Bereich bei Investoren auf den gleichen Anklang stößt, wie es bei dem
Spin-off des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate der Fall gewesen
ist.
(Börsen-Zeitung, 18.11.2005)

Rückfragen bitte an:

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Redaktion
Telefon: 069--2732-0

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