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Börsen-Zeitung: Kurs auf 11000 Punkte
Kommentar von Dieter Kuckelkorn zum schwächelnden Aktienmarkt

Frankfurt (ots)

Am Donnerstag hatte es am europäischen Aktienmarkt nach den Verlusten der Vortage wieder recht positiv ausgesehen. Die Indizes zeigten zumindest zaghafte Anzeichen der Erholung. Am Freitag hat sich die Lage jedoch wieder deutlich verschärft. Der Dax durchbrach charttechnische Widerstandszonen und nahm zeitweise Kurs auf die vielbeachtete Marke von 11000 Punkten, von der ihn auf seinem Tagestief nur noch rund 50 Indexpunkte trennten. In der gerade beendeten Handelswoche hat er damit rund 3,6% eingebüßt.

Auf europäischer Ebene sieht es nicht besser aus. Der Euro&Stoxx50 gab in den fünf Handelstagen um 3% nach. Betrachtet man die Performance des europäischen Marktes auf Monatssicht, so fällt auf, dass der StoxxEurope600 als relativ marktbreiter Index im Oktober auf seine schwächste Performance seit August 2011 zusteuert. Und schaut man auf die globalen Aktienmärkte, lässt sich feststellen, dass der MSCI All-Country World Index mittlerweile die fünfte Woche in Folge einen Verlust aufweist. So schlecht hatte er sich zuletzt im Mai 2013 entwickelt. Seit Ende September ist den Aktienmärkten weltweit bereits eine Marktkapitalisierung von mehr als 6,7 Bill. Dollar abhandengekommen. Nimmt man den Stand per Anfang Januar als Maßstab, so sind bereits weltweit 15 Bill. Dollar an Börsenwert der notierten Unternehmen verloren gegangen.

Wie nervös die Anleger sind, lässt sich an den Kursreaktionen von Unternehmen wie dem Autozulieferer Valeo und dem Ölkonzern Total ablesen. Die Aktie von Total kam zum Wochenschluss auf ein Minus von 1,5%, obwohl das Unternehmen mit einem starken Gewinnzuwachs im Quartal glänzen konnte. Bei Valeo führte eine Gewinnwarnung zu einem Absturz der Aktie um in der Spitze mehr als 20%.

Das letztere Beispiel zeigt, worüber sich die Anleger Sorgen machen: Es erweist sich nun, dass die Erwartungen der Analysten hinsichtlich der Gewinndynamik der Unternehmen deutlich überzogen sind. Dies gilt in erster Linie für die amerikanischen und europäischen Technologiewerte, mit Blick auf das sich eintrübende Umfeld der Aktienmärkte aber auch für andere Sektoren.

Sieht man sich die Gewinnerwartungen der Analysten für das laufende Jahr an, fällt auf, dass diese für den US-Benchmark-Index S&P 500 bis zuletzt noch deutlich optimistischer geworden sind (vgl. Grafik). Wurde Anfang des Jahres gemäß der Konsensschätzung noch mit einem Gewinnanstieg der großen börsennotierten US-Konzerne von 12,3% im laufenden Turnus gerechnet, geht man aktuell von 23,1% aus. Dabei haben sich die Marktteilnehmer wohl zu viel Positives von den Trump'schen Steuererleichterungen versprochen und deutlich zu hohe Bewertungen akzeptiert. Das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Titel im S&P 500 für das laufende Jahr lag Anfang des Jahres bei luftigen 18,5. Mittlerweile ist es zwar auf 16,7 zurückgegangen, womit es sich aber immer noch deutlich über dem Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre von knapp unter 15 befindet.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich das Umfeld aktuell gegenüber den Vergleichsjahren nach dem Ende der großen Finanzkrise deutlich eingetrübt hat. So hat die Verschuldung der Unternehmen noch weiter zugenommen, wobei sich die US-Notenbank Federal Reserve bemüht, die Zinsen wieder auf Normalniveau zu hieven, um Reaktionsspielraum für die nächste Krise zu haben. Das engt den Refinanzierungsspielraum der Unternehmen ein. Der aktuelle Konjunkturzyklus nähert sich zudem seinem Ende, während der eskalierende Handelsstreit sich als eine zusätzliche Belastung für die Volkswirtschaften und die Gewinnentwicklung der Unternehmen erweist. In Europa kommt noch der Haushaltskonflikt zwischen der Kommission und der italienischen Regierung hinzu. Dieser hat das Zeug, die zentrifugalen Tendenzen innerhalb der Europäischen Union deutlich zu vergrößern.

Dass sich die überzogenen Gewinnerwartungen in Europa und insbesondere in Deutschland bereits spürbar abgebaut haben, hilft den hiesigen Aktienmärkten angesichts der Dominanz angloamerikanischer Investoren nur wenig. Zu vermuten ist, dass sich die Korrektur in Europa noch so lange fortsetzt, bis die Übertreibungen am amerikanischen Aktienmarkt abgebaut sind.

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