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Börsen-Zeitung: Umfeld ist immer, Kommentar zu Börsengängen von Walther Becker

Frankfurt (ots)

Scout24 kann eine Erfolgsanzeige schalten, für Covestro stimmt die Chemie nur mit Discount, Hapag-Lloyd ist in schwieriges Fahrwasser geraten; Investoren interessieren sich für den VW-Konzern, weniger für den Zulieferer Schaeffler und Xella kann noch an ihrer Story bauen. Es ist ein heißer Herbst am Markt für Börsengänge - doch anders als gedacht. Es sieht eher nach Stürmen denn einem goldenen Oktober aus.

Zwar steht eine Schlange von Aspiranten vor der Börsenpforte, um das relativ enge Zeitfenster für ein Initial Public Offering (IPO) zu nutzen. Doch der Start der Saison mit milliardenschweren Transaktionen ist holprig. Und einige Kandidaten, die - das passende Umfeld vorausgesetzt - nur noch aufs Knöpfchen drücken müssen, warten ab. Sie sind in den Sog einer Gemengelage geraten, für die China, die US-Notenbank, der Volkswagen-Skandal und die Kapitalerhöhung des Rohstoffriesen Glencore stehen, die für Investoren zum milliardenschweren Schuss in den Ofen wurde und Sorgen über die Entwicklung der Commodity-Preise nährt. Diese Faktoren führten und führen zu einer deutlich gestiegenen Volatilität, die bekanntlich Gift für Emissionen ist.

Für Covestro kommen die Gewinnwarnung des US-Rivalen Huntsman hinzu und eine Abschwächung des BASF-Kurses. Dies hat dazu geführt, dass gelisteten Vergleichsunternehmen am unteren Ende der Bewertungsspanne von Covestro handeln - auf dieser Basis ist der Investorenappetit minimal gewesen. Bayer, die raus aus dem Kunststoffgeschäft will, hat nicht lange gefackelt und sowohl die neuen Aktien der Tochter verbilligt als auch das Angebot um 1 Mrd. Euro verknappt. Zwar muss Bayer auch noch 1 Mrd. Euro nachlegen. Doch die Trennung ist eingeleitet und auf der niedrigeren Grundlage greifen Investoren zu.

Für Scout24 sieht es anders aus: ein konjunkturresistentes Geschäftsmodell, marktführende Positionen und mit E-Commerce der Reiz des Neuen erlauben eine Milliardenplatzierung in volatilen Zeiten. Fraglicher erscheinen hingegen die IPOs des Autozulieferers Schaeffler (als Privatplatzierung) und der Containerreederei Hapag-Lloyd, einem sehr konjunktursensiblen Geschäft, die schon vorsichtiger geplant hatte.

Auf Timing und Transaktionssicherheit kommt es in Börsengängen maßgeblich an. Doch jedes Mal, wenn sich das IPO-Fenster öffnet, grätschen andere Umstände hinein. Börsengänge sind wie das echte Leben - der richtige Zeitpunkt lässt sich erst a posteriori feststellen. Going Public ist wie Being Public stets im Sog der Gemengelage. Umfeld ist immer.

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