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Outsourcing: Wie der Betriebsübergang einer IT-Abteilung gelingen kann

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Outsourcing: Wie der Betriebsübergang einer IT-Abteilung gelingen kann

"Auf das Morgen, nicht auf das Heute konzentrieren"

Ein Team von mehr als 30 Inhouse-SAP-Spezialisten geht von einem deutschen Mittelständler geschlossen zu seinem Outsourcing-Spezialisten über - und übernimmt als ersten Kunden den alten Arbeitgeber. Welche Hürden Mittelständler, Outsourcing-Anbieter und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nehmen mussten - darüber spricht Melina Brandstetter, Managing Partnerin der Unternehmensberatung Brook Valley, mit Michael Schmidt, CEO des Outsourcing-Spezialisten Nagarro ES (ehem. Allgeier ES).

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Melina Brandstetter: Michael, es ist uns gemeinsam gelungen, einen Betriebsübergang der Inhouse-SAP-Mannschaft eines großen deutschen Mittelständlers hin zu euch zu organisieren. Kannst du die Ausgangssituation kurz beschreiben?

Michael Schmidt: Ein Mittelständler aus dem deutschen Norden hat in Süddeutschland einen Standort mit mehr als 30 IT-Spezialisten unterhalten, der historisch gewachsen war. Mit dieser räumlichen Trennung und der zugrunde liegenden Struktur der Zusammenarbeit war niemand mehr glücklich: weder das Management des Unternehmens noch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an dem Standort im Süden. Dort hatte man das Gefühl, nicht ausreichend in die Prozesse des Unternehmens eingebunden zu sein. Und seitens des Unternehmens gab es das Gefühl, dass die Qualität nicht mehr den Anforderungen genüge. Es gab zudem einen Investitionsstau an dem Standort hinsichtlich Gebäude, Arbeitsplatzgestaltung und Technik. In diesem Kontext ist der Mittelständler auf uns zugekommen, um diese vielfältigen Herausforderungen gemeinsam anzugehen. Denn es war auch klar, aus eigener Kraft würde man das nicht schaffen.

Melina Brandstetter: Welche Lösungsmöglichkeiten habt ihr aufgezeigt?

Michael Schmidt: Für uns war schnell klar, dass dein Impuls gegenüber dem Management für einen kompletten Betriebsübergang des Teams für alle Seiten Vorteile haben würde. So konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unsere Struktur integriert werden und der Mittelständler konnte über sein 'altes' Team die benötigten Dienstleistungen 1:1 zurückkaufen. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern konnten wir bei uns eine neue Perspektive bieten, sich weiter zu entwickeln. Für den Mittelständler bedeutete das, künftig auf eine deutliche professionalisierte Mannschaft zurückgreifen zu können, die zudem mit ihren neuen Kolleginnen und Kollegen einen deutlich breiteren IT-Support anbieten kann. Denn bei uns arbeiten natürlich deutlich mehr Experten aus ganz unterschiedlichen Bereichen zusammen. Das mittelständische Unternehmen musste darüber hinaus nun weniger Investitionsrücklagen für die Zukunft bilden, wird skalierbarer und kann sich auf die eigentlich relevanten Fragestellungen und das Kerngeschäft fokussieren.

Melina Brandstetter: Hört sich nach einer eindeutigen Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten an. Natürlich war der Weg dorthin nicht immer ganz einfach und er drohte einige Male fast zu platzen. Warum?

Michael Schmidt: Du erinnerst dich sicherlich, dass wir zunächst mit den fünf Teamleitern der SAP-Mannschaft gesprochen und unsere Ideen vorgestellt haben. Die schienen begeistert, haben sie doch gleich ihre persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten gesehen. Als wir es dann gemeinsam mit ihnen der gesamten Mannschaft vorgestellt haben, war das Echo ein ganz anderes: Skepsis, Angst, Argwohn - niemand schien sich für eine solche Veränderung zu begeistern. Ich hatte das Gefühl, unsere Versprechungen wurden einzig als Köder gesehen. Nicht als ein Bild der künftigen Realität. Schon an diesem Punkt drohte unser Vorhaben zu platzen, denn wir hatten als Bedingung für die Transaktion gemacht, dass 80 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Weg mit uns gehen würden.

Melina Brandstetter: Ich erinnere mich noch sehr gut daran. Das war eine Überraschung, die wir nicht erwartet hatten. Wir würden aber heute nicht über den Deal sprechen, wenn er am Ende nicht gelungen wäre. Wie bist du mit dem Problem umgegangen?

Michael Schmidt: Ich habe großes Misstrauen gespürt und wollte das besser verstehen. Ich habe damals darum spontan entschieden, einige Tage am Standort zu bleiben. Ich packe seit jeher zwei bis drei Extra-Hemden ein, um in solchen Situationen flexibel zu sein. Wir haben dann gemeinsam mit jedem Einzelnen über seine Einschätzungen und Beweggründe besprochen. Nicht um zu überreden, sondern zunächst, um zu verstehen. Und es wurde klar: die Mitarbeiter haben sich nicht ausreichend wertgeschätzt gefühlt, waren dadurch unmotiviert. Aufgrund der Ferne zur Zentrale fühlten sie sich zudem nirgends zugehörig. Dass die Räumlichkeiten und technische Ausstattung nicht adäquat war, kam hinzu. Da manifestierte sich schon eine Menge Frustration.

Melina Brandstetter: Wie hast du es geschafft, das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen?

Michael Schmidt: Wie ich gerade schon gesagt habe - zunächst habe ich einfach nur zugehört. Ich habe Verständnis geäußert. Und ich habe dafür geworben zu verstehen, dass aber genau dies auch die Geschäftsführung sehr bekümmere, warum man eine andere Option mit einem Spezialisten aufgezeigt habe. Und diese Option habe ich dann im Detail erläutert: der Übergang zu einem Dienstleister, der ganz neue Perspektiven für persönliche, fachliche wie auch materielle Entwicklung bieten konnte. Der Zugang zu einem Team von mehr als 8.400 IT-Experten weltweit, die an über 52 Standorten Hand in Hand arbeiten. Die Chance, weiter mit ihrem bisherigen Arbeitgeber zu arbeiten - aber auf einer neuen, durch uns professionalisierten Ebene. Und das, ohne umziehen zu müssen. Wir haben ihnen die Garantie gegeben, mit ihren Familien in der Region bleiben zu können und nicht übermäßig reisen zu müssen - und den Standort dort komplett zu erneuern und künftig zu erweitern.

Melina Brandstetter: Häufig wurde gefragt, welche spürbar positive Veränderung im Alltag für den Mitarbeiter eintreten würde, wenn er doch weiterhin für den Kunden arbeitet. Wie bist du mit dieser Frage umgegangen?

Michael Schmidt: Das stimmt. Darum haben wir ihnen neben diesen Rahmenbedingungen verdeutlicht, was sich in ihrem Arbeitsalltag ändern wird. Sie werden künftig kein Kostenfaktor, sondern Produktivkräfte sein, die zu einer Wertsteigerung beitragen. Wir werden ihre Leistung dazu transparent machen und besser strukturieren. Wir werden klare Prozesse etablieren, wie eine künftige Zusammenarbeit mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber künftig stattfinden soll. Da wird nichts mehr, lapidar gesagt, über den Zaun geworfen, sondern klare Anforderungen formuliert, die zu bearbeiten sind. Einige von ihnen haben angefangen, die Chancen dahinter zu sehen. In ihnen ist ein neues Feuer entbrannt, das Neue zu wagen. Und damit haben sie nach und nach einander angesteckt.

Melina Brandstetter: Ist es gelungen, die Quote von 80 Prozent zu erfüllen?

Michael Schmidt: 100 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben zugestimmt. Wir konnten sogar Mitarbeiter, die eigentlich schon gekündigt hatten, zurückgewinnen. Alle sind bis heute bei uns. Wir haben unser Versprechen wahr gemacht und gemeinsam mit unserem Vermieter über 1 Mio. Euro in den Standort investiert, dem Team bei der Gestaltung eines neuen Büros freie Hand gegeben. Sie haben eine großartige Dependance an ihrem Wunschstandort eröffnet, in der mittlerweile mehr als 60 IT-Expertinnen und -Experten tätig sind. Der Mittelständler ist nach wie vor ein sehr relevanter Kunde, der IT-seitig deutliche Fortschritte erzielt hat. Wir haben massiv in die fachliche und persönliche Weiterentwicklung der neuen Kolleginnen und Kollegen investiert. Für alle Stakeholder war diese Aktion bisher ein voller Erfolg.

Melina Brandstetter: Was waren die entscheidenden Faktoren, damit die Mitarbeiter positiv gestimmt waren und eine gute Zusammenarbeit mit dem alten Arbeitgeber eingehen konnten?

Michael Schmidt: Das ist eine gute Frage. Letztendlich haben wir bereits am Anfang mit den persönlichen Gesprächen mit jedem einzelnen eine Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit gelegt. Diese Gesprächen haben verdeutlicht, dass es kein menschliches Problem gibt, sondern viele kleine Probleme, die in den Prozessen und Strukturen der Zusammenarbeit lagen. Und die waren aus meiner Sicht alle lösbar, wenn man da entschieden ran geht. Dafür haben wir genug Erfahrung. Ich wusste: Das werden wir hinbekommen, solange die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinter der grundsätzlichen Veränderung stehen würden. Das war der eigentliche Knackpunkt. Und da hat vor allem auch deine gewinnende und offene Art gegenüber den Mitarbeitern und dem Betriebsrat dazu beigetragen, dass wir das gemeinsam gelöst haben.

Melina Brandstetter: Wie haben sich IT und Digitalisierung des Mittelständlers mit dieser Veränderung entwickelt? Schließlich hat er große Teile der Supply-IT damit nicht mehr selbst im Unternehmen.

Michael Schmidt: Beides hat sich sehr gut entwickelt. Gerade sind wir inmitten der Evaluierung sehr moderner Apps zur Kundenkommunikation. Das war etwas, da hatte man bis vor einem Jahr noch keinerlei Vorstellung davon, welche Potenziale es geben würde und wie man die umsetzen sollte. Dadurch, dass wir das Tagesgeschäft übernommen haben, konnte der Mittelständler sich darauf konzentrieren, neue Geschäftsmodelle im E-Commerce auszubauen und Ideen für eine andere Art der Kundenansprache zu entwickeln. Man musste schließlich nicht mehr die Probleme im RZ- und ERP-Bereich selbst lösen. Und man hatte sofort nicht nur SAP- sondern Cloud-, Security-, und vieles mehr an Know-how, das wir bereits in unserem Unternehmen haben und zur Verfügung stellen konnten. Damit kann das Unternehmen sich endlich auf das eigentliche Kerngeschäft und das Morgen, nicht mehr auf das Heute und interne IT Probleme konzentrieren. Das ist die erste unternehmerische Pflicht.

Melina Brandstetter: Was ist Dein Rat für andere Mittelständler, deren Transformations- und Liquiditätskrise durch Corona beschleunigt wurde?

Michael Schmidt: Ich bin mir sicher, dass es für Unternehmen heute umso wichtiger ist, offen gegenüber radikaleren Veränderungsprozessen zu sein. Dies ist in meinen Augen oft nur möglich, wenn ein solcher Prozess durch eine externe dritte Instanz moderiert wird. Es muss zunächst Akzeptanz und Vertrauen für Veränderungen geschaffen und neue Strukturen aufgebaut werden, die die professionelle Zusammenarbeit mit einem Partner ermöglichen.

Melina Brandstetter : Das stimmt. Schließlich geht es um Mitarbeiter, die über Jahrzehnte loyal einen guten Job gemacht haben und deren Welt wir plötzlich durch solche Vorhaben komplett auf den Kopf stellen. Vielen Dank für das Gespräch, Michael.

Über Brook Valley:

Wir helfen unseren Mandanten beim Aufbau von skalierbaren Organisationsstrukturen im IT- und Digitalisierungsumfeld mit Fokus auf Finanz- und Organisationsberatung.

Dazu unterstützen wir bei der Internalisierung und der Externalisierung von Unternehmensbereichen mit dem Schwerpunkt auf Digitalisierung von Geschäftsmodellen. Wir arbeiten mit Unternehmen aus den Industrien, in denen wir selbst operativ im Management und als Berater tätig waren und sind: Handel, Konsumgüter sowie exponentiell wachsende Start-ups.

www.brookvalley.de

Über Nagarro ES:

Nagarro ES ist ein führender deutscher IT-Full-Service-Provider für kritische Unternehmensapplikationen und komplexe ERP-Landschaften in der digitalen Transformation. Als Teil der Nagarro Gruppe ist Nagarro ES einer der leistungsfähigsten und innovativsten SAP-Partner für den deutschen Mittelstand und Großkunden mit internationaler Ausprägung.

www.nagarro-es.com

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40221 Düsseldorf

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