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Schwäbische Zeitung: Leitartikel - Kratzer im deutschen Modell

Ravensburg (ots)

Es gibt einen Werbespot der Lufthansa, in dem die Fluggesellschaft mit dem internationalen Ansehen deutscher Produkte, Planungen und Dienstleistungen spielt. "Dieser ständige Perfektionismus", sagt in dem Werbefilmchen der französische Fluggast: "Fantastique!" In der Tat ist die Lufthansa eines der deutschen Aushängeschilder. Die Kranich-Linie gilt als sicher und zuverlässig und ist deshalb bei Managern wie Privatreisenden aus dem In- und Ausland beliebt. Jetzt streicht die Lufthansa wegen eines Pilotenstreiks für drei Tage fast alle ihre Flüge. Die Konkurrenz in aller Welt wird sich freuen, dass die gut bezahlten Piloten bei der Lufthansa für einen empfindlichen Imageschaden sorgen. Bedenklich ist, dass sich diese Episode in ein Gesamtbild von Ereignisse einfügt, die das deutsche Ansehen in aller Welt beeinträchtigen. Organisationsvermögen, Ingenieurswissen, Verlässlichkeit, Innovation: Dafür steht seit Jahrzehnten das Label "Made in Germany" - aber in jüngeren Vergangenheit hat es einige Kratzer abbekommen. Dass sie in Berlin offenbar nicht in der Lage sind, den Hauptstadtflughafen auch nur halbwegs pünktlich zu eröffnen, sorgt - je nach Perspektive - für Erheiterung, Kopfschütteln oder Entsetzen. Dass Verantwortliche für dieses Planungs- und Finanzdesaster Kritik an sich abprallen lassen, wird mit Unverständnis registriert. Weitere Mosaiksteine in dem für Deutschland wenig vorteilhaften Bild waren die scheinbar unendliche Geschichte um die Hamburger Elbphilharmonie, aber auch der Dauerstreit um Stuttgart 21. Deutschland ist dabei, sein Image zu ramponieren. Doch es gibt die Chance, das deutsche Ansehen mit einem Schlag zu verbessern: Es geht um die Energiewende. Die Bundesrepublik hat unter den Augen der Welt eine radikale Richtungsänderung bei der Energiepolitik eingeleitet. Wieder einmal sind dabei Organisationsvermögen, Ingenieurswissen und Innovation gefragt. Das Land kann mit diesem zukunftsweisenden Projekt seine technologische Führerschaft behaupten - und damit das bundesdeutsche Erfolgsmodell der Nachkriegszeit nachhaltig beleben.

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