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Journalist deckt Finanzierungsskandal beim Delfinarium Nürnberg auf - "Refinanzierung buchungstechnischer Trick der Stadt"

06.11.2015 – 07:05

Hagen (ots)

Der Reporter Helmut Reister u.a. für den Stern, Münchner Abendzeitung und Nürnberger Zeitung recherchierte, dass die Aussage des Nürnberger Bürgermeister Christian Vogel, der Neubau der 31 Millionen Euro teuren Delfinlagune im Tiergarten Nürnberg hätte den Steuerzahler lediglich 3,5 Millionen Euro gekostet, nicht der Wahrheit entspricht.

Nach der Ausstrahlung der RTL-Sendung "Mario Barth deckt auf" im vergangenen Monat über die Steuerverschwendung für die im Jahr 2011 fertiggestellte Delfinlagune echauffierte sich Bürgermeister Vogel und sprach auf seiner Facebook-Seite von "Müll", Unverschämtheit" und "unseriös". Es seien von den 31 Millionen Baukosten nur 3,5 Millionen Euro Steuergelder verwendet worden und knapp acht Millionen Euro Spendengelder. Der Rest von rund 20 Millionen Euro sei vom Tiergarten komplett über ein verbürgtes Darlehn der Stadt refinanziert worden

Reporter Reister hakte beim Stadtkämmerer Harald Riedel nach. Der wiederum schloss nicht aus, dass "nach der Abfinanzierung des Projekts ein Beitrag aus städtischen Mitteln in einer gewissen Größenordnung nötig sein könnte", die Höhe aber derzeit nicht bestimmbar sei. Jetzt stehen weitere millionenschwere Sanierungskosten aufgrund von Undichtigkeiten der Delfinbecken an, bei denen mehr als 80 Tonnen Salz einen Umweltschaden auf einer Waldfläche von 2 000 Quadratmetern verursacht haben.

In einer Vereinbarung zwischen der Stadt und dem Planungsbüros, das für den Schaden verantwortlich sein soll, ist die Versicherungssumme auf 300 000 Euro begrenzt. Die Stadt bleibt demnach auf den von der Tierschutzorganisation ProWal mit mehreren Millionen geschätzten Sanierungskosten sitzen und muss die Last voraussichtlich aus der Kommunalkasse begleichen.

Nach Angaben des Stadtkämmerers Riedel sollte der Tiergarten eigentlich aufgrund einer "stadtinternen Haushalts- und Budgetregelung zur Refinanzierung der Lagunen-Investitionen 1,51 Millionen Annuität mit einer Laufzeit von 24 Jahren zurückzahlen." Dem stehen jetzt allerdings die gesunkenen Besucherzahlen entgegen. 1,2 Millionen Besucher jährlich hatten sich Tiergarten-Direktor Dag Encke und die politischen Mandatsträger erhofft, rund 150 000 mehr als in der Vor-Lagunenzeit. Die blieben jedoch bereits im Jahr nach der Laguneneröffnung 2011 aus.

Die von Bürgermeister Vogel in Zusammenhang mit der RTL-Sendung erwähnten 3,5 Millionen Euro, die angeblich die einzigen aus Steuermitteln sein sollten, sind genau genommen inzwischen ein alter Hut. Lange bevor es die Lagune gab, musste die Stadt Nürnberg den Tiergarten bereits jährlich mit zwei bis drei Millionen Euro subventionieren, um das Defizit auszugleichen, jetzt inklusive Lagune.

Im Jahr 2010 hieß es vom stellvertretenden Zoo-Direktor Helmut Mägdefrau, dass das Geld-Argument für ihn nicht zieht, da der Lagunenbau über Kredite finanziert werde, den Stadtsäckel also nicht belaste. Wie sich jetzt herausstellt, war dies eine offenbar bewusste Fehleinschätzung gegenüber der Öffentlichkeit, zumal schon damals klar war, dass die geplanten Baukosten von ursprünglich 10 Millionen Euro nicht ausreichen würden.

Die Refinanzierung des Tiergartens war lediglich ein buchungstechnischer Trick der Stadtväter, meint der Steuerberater Jürgen Ortmüller, der in Personalunion Geschäftsführer der Tierschutzorganisation Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) ist. Bereits im Jahr 2007 hatte er als Steuerberater im Auftrag eines Nürnberger Tierschutzvereins in einem Gutachten unter Hinzuziehung des Mittelfristigen Investitionsplan (MIP) der Stadt Nürnberg festgestellt, dass die Mittel aus Besucherzahlen hinten und vorne nicht ausreichen würden, um die Defizite auszugleichen. Seit 2011 wurden laut Aussage des Stadtkämmerers Riedel gegenüber Helmut Reister auf diese Weise 5,4 Millionen Euro für den Lagunenbau verrechnet. Der Tiergarten selbst wurde im gleichen Zeitraum mit weit über zehn Millionen Euro Steuermitteln bezuschusst, so Reister. Ein Ende der städtischen Subventionen ist demnach nicht in Sicht.

Pressemeldung nordbayern.de 2007 "Gutachten soll auf den Prüfstand": http://ots.de/znEix

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