Pressemitteilung

Psychotherapeutenkammer warnt vor Abbau von 5.700 Praxen ab 2013 "Report Mainz", heute, 23. Oktober 2012, 21.45 Uhr im Ersten

2012-10-23T14:11:02

Mainz (ots) -

BPtK-Präsident Richter befürchtet "katastrophale Verschlechterung" / Verbraucherschützer: "Schmutziger Deal" zu Lasten psychisch Kranker

Trotz massiven Therapeutenmangels in Deutschland droht von 2013 an der Abbau jeder vierten psychotherapeutischen Praxis. Davor warnt der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), Prof. Rainer Richter, im ARD-Politikmagazin "Report Mainz" (heute Abend, 23. Oktober, 21.45 Uhr in Das Erste). Rund 5.700 von 23.000 psychotherapeutischen Praxen könnten nach dem Versorgungsstrukturgesetz ab Januar 2013 stillgelegt werden. Im Interview sagte Richter: "Im städtischen Bereich droht eine katastrophale Verschlechterung der Versorgung, weil bis zu 5.700 Kassensitze ab nächstem Jahr abgebaut werden können. Dagegen lehnen wir uns auf. Denn die psychisch Kranken, die Behandlungsplätze suchen, werden ab nächstem Jahr noch schlechter versorgt werden."

Mit dem Versorgungsstrukturgesetz verfolgt die Bundesregierung das Ziel, die medizinische Versorgung insbesondere auf dem Land zu verbessern. Hintergrund sind Wartezeiten von durchschnittlich bis zu 19 Wochen auf den Beginn einer Psychotherapie. Das Gesetz verpflichtet den Gemeinsamen Bundesausschuss, den Bedarf an Psychotherapeuten bis zum Ende des Jahres neu zu berechnen. Nach Recherchen von "Report Mainz" haben sich Krankenkassen (GKV-S) und Ärztevertreter (KBV) jedoch schon im Vorfeld bei den aktuellen Honorarverhandlungen der Ärzte darauf verständigt, die Zahl zusätzlicher Praxen für Psychotherapeuten zu deckeln. "Report Mainz" liegt das vertrauliche Eckpunktepapier vor, in dem es wörtlich heißt, zusätzliche Niederlassungsmöglichkeiten für Psychotherapeuten würden "auf höchstens 1.150 begrenzt".

Diese Abmachung kritisieren der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) gegenüber "Report Mainz" in scharfer Form: Dr. Ilona Köster-Steinebach, vzbv-Gesundheitsexpertin, erklärte im Interview: "Das, was da gelaufen ist, ist ein ausgesprochen schmutziger Deal. Diese Zahl von 1.150 ist durch nichts belegt. Wir glauben, dass sie deutlich zu niedrig ist, weil wir sehr lange Wartelisten sehen, viele Menschen, die Bedarf haben an Psychotherapie. Und man hat da im Gremium einfach festgelegt, was man bereit ist zu bezahlen, und auf die Interessen der Patienten einfach keine Rücksicht genommen." Aus Sicht der Verbraucherschützer machen Ärzte und Kassen hier gemeinsame Sache zu Lasten der psychisch kranken Patienten: "Es gibt hier eine unheilige Allianz zwischen den Fachärzten, die gerne wollen, dass ihr Honorar nicht mehr durch psychotherapeutische Leistungen, die davon abgezogen werden, belastet wird, und den Kassen, die insgesamt möglichst wenig zahlen möchten. Die Leidtragenden sind die psychisch Kranken und insbesondere psychisch kranke Kinder, für die es sehr schwierig ist, entsprechende Behandlungsmöglichkeiten zu kriegen", sagte Köster-Steinebach.

BPtK-Präsident Richter erklärte gegenüber "Report Mainz" zur Vereinbarung zwischen Ärzten und Kassen bei den Honorarverhandlungen: "In diesen Verhandlungen ging es in erster Linie ums Geld und nur am Rande um die Versorgung psychisch kranker Menschen." Die Bundespsychotherapeutenkammer befürchtet, dass angesichts dieser Einigung der tatsächliche Bedarf an Psychotherapeuten nicht mehr berechnet werde. Weil gerade städtische Bereiche, gemessen an den gesetzlichen Vorgaben, trotz langer Wartezeiten für Patienten als überversorgt gelten, drohe nun ein Abbau jeder vierten psychotherapeutischen Praxis.

Kassen- und Ärztevertreter weisen diese Vorwürfe zurück. Man gehe verantwortungsvoll mit der Bedarfsplanung um. Der GKV-Spitzenverband erklärt schriftlich gegenüber "Report Mainz", es werde "keine Verschlechterung für die Versorgung" geben. Die Sitze für Psychotherapeuten müssten "bundesweit gleichmäßiger verteilt" werden.

Weitere Informationen finden Sie unter www.swr.de/report. Zitate gegen Quellenangabe frei. Fragen bitte an "Report Mainz", Tel.: 06131/929-33351.

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