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EKD-Antisemitismusbeauftragter Staffa zum „Judensau“-Streit vor dem BGH

„Antijüdische Geschichte lässt sich nicht ungeschehen machen“

EKD-Antisemitismusbeauftragter zum „Judensau“-Streit vor dem BGH

Am Montag verhandelt der Bundesgerichtshof über eine Klage gegen ein als „Judensau“ bekanntes antijüdisches Schmährelief an der Fassade der Wittenberger Stadtkirche. Doch auf juristischem Weg lässt sich der Streit um den Umgang mit solchen Bildnissen nicht klären, erklärt der EKD-Beauftragte für den Kampf gegen Antisemitismus, Christian Staffa.

Am kommenden Montag (30. Mai) verhandelt der Bundesgerichtshof über eine Klage gegen ein als „Judensau“ bekanntes antijüdisches Schmährelief an der Fassade der Wittenberger Stadtkirche. Der Kläger verlangt von der Kirchengemeinde als Eigentümerin, das etwa auf das Jahr 1290 zurückgehende Relief zu entfernen. Dazu erklärt der Beauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für den Kampf gegen Antisemitismus und Studienleiter an der Evangelischen Akademie zu Berlin, Christian Staffa:

„Die Wittenberger ‚Kirchensau‘ stellt fraglos eine Schmähung dar und kann so nicht bleiben. Doch die lange Geschichte christlichen Antijudaismus und Antisemitismus, die sich in diesem Relief auf obszöne Weise verdichtet, ist nicht auf juristischem Wege zu klären. Vielmehr geht es aus meiner Sicht darum: Die vielen kirchlichen Zeugnisse antijüdischer Haltung und Praxis müssen als Anlass zur Umkehr von aller Judenfeindschaft genommen werden. Das gilt für dieses Relief, aber übrigens ebenso für das Wittenberger Cranach-Altarbild.

Tatsächlich stellt sich die Frage, ob wir noch unter und vor diesen Bildern unsern Glauben bekennen können, zu dem heute die unmissverständliche Aussage gehören muss: Antisemitismus ist Sünde. Dennoch: Die Skulpturen einfach von den Kirchen zu entfernen, würde zu kurz greifen. Denn antijüdische Geschichte lässt sich nicht ungeschehen machen, indem man ihre Zeugnisse abschlägt und glättet. Auf diese Formel hat es Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, auf unserer jüngsten Tagung zu diesem Thema gebracht.

Sich der antijüdischen Geschichte zu stellen und diesen Prozess auch sichtbar zu machen, ist ein langer Weg, der mittlerweile begonnen, aber noch lange nicht zu Ende ist. Davon zeugt auch dieser Rechtsstreit, der unabhängig von seinem Ausgang die vor uns liegende Aufgabe nicht erledigen kann. Und davon zeugen die neuen Bemühungen nicht nur der Wittenberger Gemeinde, weitere Formen der Auseinandersetzung mit ihrem antijüdischen Erbe zu finden.“

Dr. Christian Staffa ist Studienleiter für Demokratische Kultur und Kirche an der Evangelischen Akademie zu Berlin. Im Januar erneuerte der Rat der EKD seine Berufung zum Beauftragten für den Kampf gegen Antisemitismus. Staffa ist der erste Inhaber des 2019 geschaffenen Amtes der EKD.

Zum Umgang mit antisemitischen Bildnissen an und in christlichen Kirchen hat die Evangelische Akademie zu Berlin mehrere Tagungen veranstaltet. Eine Dokumentation der jüngsten Tagung „Bilderverbot?! Zum Umgang mit antisemitischen Bildern an und in Kirchen“ von November 2021 erscheint voraussichtlich Ende Juni als epd-Dokumentation. Zu einer früheren Tagung erschien in derselben Reihe bereits 2020 die Dokumentation „In Stein gemeißelt“, die auf der Website der Akademie als Download abrufbar ist.

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