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EKD - Evangelische Kirche in Deutschland

Evangelische Schulen oft über dem Durchschnitt Erste Studie zur Qualität der konfessionell gebundenen Schulen

Hannover (ots)

SPERRFRIST: Mittwoch, 1. Juni 2005, 16.00 Uhr Bei
den Originaltexten gilt das gesprochene Wort!
Achtung:	Pressemitteilung hat mit Originaltexten vier Seiten
Evangelische Schulen oft über dem Durchschnitt
Erste Studie zur Qualität der konfessionell gebundenen Schulen
Die Qualität von Schulen in evangelischer Trägerschaft ist oft
erkennbar besser als die im staatlichen Bildungswesen. Beispielsweise
im Bereich des Leseverständnisses sind Vorteile gegenüber staatlichen
Schulen feststellbar. Außerdem ist der Anteil von so genannten
Risikoschülern deutlich geringer als im staatlichen Bildungswesen,
was nicht nur auf den sozialen Hintergrund der Familien, sondern auch
auf die Qualität der Schulen zurückzuführen ist. Zu diesen
Ergebnissen kommt eine Studie mit dem Titel „Erträge von Erziehungs-
und Bildungsprozessen an Schulen in evangelischer Trägerschaft in
Deutschland“. Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in
Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, sowie die Autoren der
Studie, Professor Annette Scheunpflug (Universität Erlangen-Nürnberg)
und Professor Olaf Köller (Institut zur Qualitätsentwicklung im
Bildungswesen, Berlin), stellen die Untersuchung am heutigen
Mittwoch, 1. Juni, in Berlin vor.
Evangelische Schulen vertreten den Anspruch, sich von staatlichen
Schulen zu unterscheiden. Drei gemeinsame Anliegen in der
pädagogischen Arbeit lassen sich ausmachen: Es ist erklärtes Ziel, in
besonderem Maße zur Qualifikation junger Menschen beizutragen.
Zweitens wird besonderer Wert auf ein diakonisches
Bildungsverständnis, das heißt auf eine umfassende Sozialerziehung
gelegt. Das dritte Ziel ist die Milieubindung: Konfessionelle Schulen
haben in einer Zeit allgemein zunehmender „Entkirchlichung“ den
Anspruch, einen Ort zu verkörpern, der den Glauben stärkt. Werden
evangelische Schulen ihren eigenen Ansprüchen gerecht? Diese Frage
stand im Mittelpunkt des in Kooperation mit dem Deutschen PISA-
Konsortium durchgeführten und von der EKD finanzierten
Forschungsprojektes.
„Die nun veröffentlichten Befunde zeigen, dass das Profil
evangelischer Schulen positiv und statistisch bedeutsam
durchschlägt“, sagt Annette Scheunpflug. Die untersuchten Schulen
wiesen bei schulischer Bildung und Sozialisation in keinerlei
Hinsicht ungünstigere Werte gegenüber öffentlichen Schulen auf. Das
ermittelte bessere Leseverständnis entspreche immerhin einem
Leistungsvorsprung von einem drittel Schuljahr. Auch mit Blick auf
das diakonische Bildungsverständnis und die Milieubindung zeigen die
Analysen, dass evangelische Schulen die selbst gesteckten Ziele
erreichen. Schulen in evangelischer Trägerschaft, so ein Fazit der
Studie, bieten damit ein günstiges Erziehungs- und
Sozialisationsmilieu. Das positive Klima in allen untersuchten
Einrichtungen führe dazu, dass Jugendliche eigene religiöse
Erfahrungen machen und damit Glauben im Lebensvollzug konkret
erfahren könnten. „Schulen in kirchlicher Trägerschaft leisten einen
substanziellen Beitrag im Bildungswesen, der in seiner Bedeutung in
der öffentlichen Meinung zuweilen unterschätzt wird“, betonen die
Wissenschaftler. Bei aller Vielfalt der privaten Träger machen
konfessionelle Schulen den größten Anteil im Privatschulwesen aus.
Etwa fünf Prozent aller Schülerinnen und Schüler an Realschulen und
7,5 Prozent der Gymnasiasten in Deutschland besuchen konfessionelle
Privatschulen. Insgesamt gehen rund 70.000 Schülerinnen und Schüler
in Deutschland auf evangelische Schulen.
Für die präsentierte Untersuchung wurden Sekundäranalysen der
bereits im Jahr 2000 erhobenen PISA-E-Daten durchgeführt und
evangelische mit staatlichen Schulen verglichen. Zudem wurden an
sechs Fallbeispielen die Profile evangelischer Schulen differenziert
neu erhoben. Berücksichtigt wurden nicht allein die Leistungsdaten
sondern auch Angaben zum diakonischen Bildungsverständnis und zur
kirchlichen Milieubindung (zum Beispiel kirchliche
Freizeitaktivitäten und religiöse Erfahrungen). Bei allen Analysen
wurde darauf geachtet, dass die verglichenen Schülerinnen und Schüler
aus identischen Bundesländern stammen, dass die Familien einen
äquivalenten sozialen Hintergrund haben und dass die jeweiligen
kognitiven Grundfähigkeiten vergleichbar sind.
Hannover, Berlin, 1. Juni 2005
Pressestelle der EKD
Christof Vetter/ Karoline Lehmann
Hinweis:
Die Untersuchung erscheint in Kürze im Waxmann-Verlag, Münster:
Claudia Standfest/Olaf Köller/Annette Scheunpflug: lernen – leben –
glauben: Zur Qualität evangelischer Schulen. Münster 2005
Die Einführungstexte der Pressekonferenz:
Einführungstext des Ratsvorsitzenden der EKD, Bischof Wolfgang
Huber:
Stellungnahme auf der Pressekonferenz am 1. Juni 2005 in Berlin
Bildung gehört zu den großen Herausforderungen unserer
Gesellschaft. Die PISA-Debatte hat das auf ihre Weise unterstrichen.
Dieser Herausforderung stellt sich auch die evangelische Kirche; denn
sie ist durch ihre Tradition wie durch ihre gegenwärtige Praxis durch
eine besondere Nähe zu Bildungsaufgaben geprägt.
Vor zwei Jahren haben wir deswegen unter dem Titel "Maße des
Menschlichen" eine Denkschrift veröffentlicht, die evangelische
Perspektiven zur Bildung in der Wissens- und Lerngesellschaft
entfaltet. In dieser Denkschrift plädieren wir für ein ganzheitliches
und mehrdimensionales Bildungsverständnis.
Bildung in diesem Verständnis kann durch Leistungsvergleiche
zwischen Schulen allein nicht erfasst und gemessen werden. Dennoch
haben Leistungsvergleiche aus unserer Sicht ihre relative
Berechtigung. Auch in evangelischer Sicht ist die Forderung nach
guter und exzellenter Schulqualität zu bejahen. Allerdings schließt
unser Verständnis von Exzellenz einer Schule die Förderung der
schwachen Schüler ebenso ein wie die Förderung besonders begabter.
Das Schulklima als eine Grundbedingung gelingender Lernprozesse ist
nach unserer Auffassung ebenso in den Blick zu nehmen wie das
engagierte Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern.
Ein Ergebnis der bisherigen PISA-Untersuchung allerdings
beunruhigt uns wie andere Beobachter auch besonders, nämlich wie sehr
sich in Deutschland Sozialschichtzugehörigkeit und Lernerfolg
bedingen.
Neben der Beteiligung an der öffentlichen Bildungsdiskussion
richtet sich das Interesse des Rates der EKD verständlicherweise auf
die eigenen Bildungseinrichtungen, die ja Teil des öffentlichen
Bildungssystems sind. Wir wollten es genauer wissen: Wie schneiden
eigentlich Schulen in evangelischer Trägerschaft bei PISA ab? Und
welche Erkenntnisse lassen sich darüber hinaus im Blick auf das
Selbstverständnis und den Qualitätsanspruch evangelischer Schulen
gewinnen?
Dazu haben wir eine wissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben,
deren Durchführung von Frau Professor Scheunpflug und Herrn
Professor Köller verantwortet wird. Ihnen beiden danke ich herzlich
dafür, dass sie als Erziehungswissenschaftler ein so großes
Engagement für einen in der Schulforschung bisher nicht hinreichend
berücksichtigten Bereich gezeigt haben,
Der Rat der EKD hat den Ergebnissen dieser Studie gespannt
entgegengesehen. Nach vorauslaufenden Informationen sind sie ihm in
diesem Monat vorgelegt worden. Die gespannte Erwartung hatte auch
darin ihren Grund, dass es zur Qualität kirchlicher Schulen bisher
durchaus unterschiedliche Auffassungen gab. Sie haben ihre Ursache
zum Teil darin, dass man im Blick auf Privatschulen gewonnene
Ergebnisse ungeprüft auf Schulen in kirchlicher Trägerschaft
übertragen hat.
Die Studie jedoch hat gezeigt: Evangelische Schulen brauchen den
Vergleich nicht zu scheuen, im Gegenteil. Frau Scheunpflug und Herr
Köller werden Ihnen das gleich noch genauer darlegen. Dass zum
Beispiel evangelische Schulen im Blick auf die Lesekompetenz
signifikant besser abschneiden als staatliche Schulen, freut uns
sehr. Die Vermutung ist begründet, dass sich hier das reformatorische
Interesse, zu einem eigenverantwortlichen Verstehen der biblischen
Tradition zu befähigen, nun im Umgang mit Literatur überhaupt einen
unübersehbaren Ausdruck verschafft. Ebenso ist uns die Tatsache
besonders wichtig, dass an evangelischen Schulen die Vermittlung von
Grundbildung auch in schwierigen sozialen Gruppen, vor allem unter
Jugendlichen mit Migrationshintergrund, besser als im staatlichen
Schulwesen gelingt. Schließlich erfolgten evangelische
Schulgründungen in der Geschichte oft aus diakonischen Motiven.
Kinder von der Straße und aus armen Verhältnissen sollten eine solide
Schulbildung erhalten, um ihnen die eigenständige Sicherung ihrer
Existenz und eine gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.
Ich will kurz einige Schlussfolgerungen ziehen:
1) In evangelischer Sicht bemisst sich die Qualität von Schule
sowohl daran, was sie für Kinder und Jugendliche leistet, als auch an
ihrem Beitrag für die Gesellschaft und das Leben in der Einen Welt.
Das Bemühen um gute und bessere Schulen war und ist das grundlegende
Motiv für Schulen in evangelischer Trägerschaft.
2) Demokratie als Ziel politischer Bildung ist heute ebenso
unbestritten wie die Notwendigkeit, diese Aufgabe in den Schulen
stärker wahrzunehmen, als es bislang der Fall war. Dazu gehört auch
eine demokratische Ausgestaltung von Schulstruktur und
Schulverfassung – bis hin zur Trägerschaft. Die rechtlichen
Bestimmungen zu den nicht-staatlichen Schulen spiegeln kein
überkommenes Privilegienwesen, sondern konstituieren einen vom
Grundgesetz gewollten Trägerpluralismus. Einem staatlichen
Schulmonopol werden demokratische Trägerverhältnisse gegenüber
gestellt. Evangelische Schulen sind ebenso wie staatliche Schulen
öffentliche Schulen. Das muss sich auch in der finanziellen Förderung
niederschlagen, die teilweise immer weiter reduziert wird.
3) Die Bedeutung und Vielfalt der evangelischen Schulen in der
Schullandschaft sollte auch statistisch erkennbar werden. Das würde
ihre innovatorischen Impulse in der Schulentwicklung allgemein
unterstützen. Es ist nicht einzusehen, warum in den amtlichen
Statistiken unter den Privatschulen zwar die Waldorf-, nicht aber die
Schulen in evangelischer und katholischer Trägerschaft gesondert
ausgewiesen sind, obwohl deren Anteil wesentlich höher liegt.
4) Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass das Schulmilieu und -
profil sowie die Lernleistungen miteinander zusammenhängen. Das
sollte in kommenden Schulleistungsvergleichen stärker berücksichtigt
werden.
5) Last but not least: Die vorliegende Studie wirft Licht auf
einen sowohl in der öffentlichen Bildungsdiskussion als auch in der
Forschung vernachlässigten Bereich. Noch fehlen repräsentative
Erhebungen über Schulen in evangelischer (und katholischer)
Trägerschaft. In anderen Ländern werden nicht-staatliche Schulen in
ihrer Bedeutung für das gesamte Schulwesen oft wesentlich besser
erforscht. Dieses Defizit gilt es in den künftigen großen
bundesweiten Schuluntersuchungen auszugleichen. Im Sinne einer
inspirierenden Konkurrenz brächte dies beiden Vorteile, den
öffentlichen Schulen ebenso wie den Schulen in evangelischer
Trägerschaft.
Ein erster Schritt in dieser Richtung ist getan. Die Untersuchung
von Frau Scheunpflug und Herrn Köller ist ermutigend. Sie wird dem
evangelischen Schulwesen dabei helfen, auf einer guten Grundlage
weiter an der Qualität evangelischer Schulen zu arbeiten.
Einführungstext von Professor Annette Scheunpflug:
Evangelische Schulen – die besseren Bildungseinrichtungen?
Privatschulen boomen und die aktuellen Anmeldungszahlen verweisen
auf die Attraktivität dieser Schulen
Bei aller Vielfalt der privaten Träger machen konfessionelle
Schulen den größten Anteil im Privatschulwesen aus. Ihre Verbreitung
ist im Bereich des Sekundarschulsystems erheblich, deutlich höher,
als dies im öffentlichen Bewusstsein verankert ist. Ca. 5 Prozent
aller Schülerinnen an Realschulen und 7,5 Prozent der Gymnasiasten in
Deutschland besuchen konfessionelle Privatschulen. Insgesamt gehen
ca. 70.000 Schülerinnen und Schüler in Deutschland auf evangelische
Schulen.
Evangelische Schulen vertreten (wie auch katholische) den
Anspruch, sich von staatlichen Schulen zu unterscheiden. Bei aller
Heterogenität, die zwischen diesen Schulen besteht, lassen sich drei
gemeinsame Anliegen in der pädagogischen Arbeit ausmachen: Es ist
erklärtes Ziel, in besonderem Maße zur Qualifikation junger Menschen
beizutragen. Zweitens wird besonderer Wert auf ein diakonisches
Bildungsverständnis, d.h. auf eine umfassende Sozialerziehung gelegt.
Das dritte Ziel ist die Milieubindung: Konfessionelle Schulen haben
in einer Zeit der zunehmenden Entkirchlichung den Anspruch, einen Ort
zu verkörpern, der den Glauben stärkt.
Werden evangelische Schulen ihren eigenen Ansprüchen gerecht? An
der Universität Erlangen-Nürnberg (Prof. Dr. Olaf Köller/Prof. Dr.
Annette Scheunpflug, Dr. Claudia Standfest) wurde jetzt ein
Forschungsprojekt in Kooperation mit dem Deutschen PISA-Konsortium
abgeschlossen, in dem dieser Frage systematisch nachgegangen wurde.
Das Projekt wurde durch die Evangelische Kirche in Deutschland
finanziert.
Für diese Forschungsarbeit wurden Sekundäranalysen der
PISA-E-Daten von 2000 durchgeführt und evangelische mit staatlichen
Schulen verglichen. Zudem wurden an sechs Fallbeispielen die Profile
evangelischer Schulen differenziert neu erhoben. Berücksichtigt
wurden nicht allein die Leistungsdaten sondern auch Angaben zum
diakonischen Bildungsverständnis (z. B. Indikatoren des Schulklimas
oder der Schüler-Lehrer-Verhältnisses) und zur kirchlichen
Milieubindung (z. B. kirchliche Freizeitaktivitäten und religiöse
Erfahrungen). Bei allen Analysen wurde darauf geachtet, dass die
verglichenen Schülerinnen und Schüler aus identischen Bundesländern
stammen, die Familien einen äquivalenten sozialen Hintergrund haben
und die kognitiven Grundfähigkeiten vergleichbar sind.
Die nun veröffentlichten Befunde zeigen, dass das Schulprofil
evangelischer Schulen in positiv und statistisch bedeutsam
durchschlägt. Die untersuchten evangelischen Schulen weisen sind in
keinem der gewählten Indikatoren schulischer Bildung und
Sozialisation ungünstigere Werte gegenüber öffentlichen Schulen auf.
Im Bereich des Leseverständnisse sind in der Tat Vorteile gegenüber
staatlichen Schulen beobachtbar, die immerhin einem
Leistungsvorsprung von einem drittel Schuljahr entsprechen. Keine
Unterschiede zeigen sich in den mathematischen Kompetenzen. Der
Anteil von so genannten Risikoschülern ist deutlich geringer als im
staatlichen Bildungswesen; dieser Unterschied ist nicht nur auf den
sozialen Hintergrund der Familien, sondern auch auf die Qualität der
Schulen zurückzuführen. Hinsichtlich der Indikatoren zum diakonischen
Bildungsverständnis und der Milieubindung zeigen die Analysen, dass
evangelische Schulen hier die selbst gesteckten Ziele erreichen.
Schulklimaindikatoren weisen im Vergleich zu öffentlichen Schulen
günstigere Werte auf, das gleiche gilt für die Daten zur
Milieubindung. Schulen in evangelischer Trägerschaft bieten also ein
günstiges Erziehungs- und Sozialisationsmilieu.
Evangelische Kirche in Deutschland
Hans-Christof Vetter
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail:  christof.vetter@ekd.de

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