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Deutscher Ethikrat

Nationaler Ethikrat veröffentlicht Stellungnahme zum Stammzellgesetz

Berlin (ots)

Der Nationale Ethikrat stellt am heutigen Montag
seine Voten "Zur Frage einer Änderung des Stammzellgesetzes" vor.
Der NER behandelt in dieser Stellungnahme die Frage, ob die sich 
international abzeichnende Entwicklung der Stammzellforschung und die
mit dem Stammzellgesetz bisher gemachten Erfahrungen Anlass dazu 
geben, die seit 2002 geltenden Regelungen zu ändern.
14 der 24 Mitglieder des NER plädieren auf der Basis des 2002 
gefundenen Kompromisses für eine Novellierung des Stammzellgesetzes: 
Das Schutzziel des § 1 Nr. 2 StZG - zu vermeiden, dass von 
Deutschland aus eine Gewinnung von embryonalen Stammzellen veranlasst
wird - sollte in Zukunft durch eine praktikable und zuverlässige 
Einzelfallprüfung im Verfahren zur Genehmigung des Imports und der 
Verwendung embryonaler Stammzellen gewährleistet werden. Dabei muss 
zur Überzeugung der durch das Stammzellgesetz eingesetzten zentralen 
Genehmigungsbehörde feststehen, dass die Herstellung der betreffenden
Zelllinien weder vom Antragsteller selbst veranlasst noch sonst von 
Deutschland aus bewirkt wurde. Die Einzelfallprüfung sollte an die 
Stelle der  Stichtagsregelung treten. Um auszuschließen, dass schon 
die Perspektive einer möglichen Nachfrage aus Deutschland als Anreiz 
für die Herstellung von embryonalen Stammzellen im Ausland wirksam 
werden kann, sollten grundsätzlich nur embryonale Stammzellen 
importiert und verwendet werden dürfen, die von allgemein 
zugänglichen Stammzellbanken ohne Absicht der Gewinnerzielung 
abgegeben werden. Die Verwendung von embryonalen Stammzellen, die zu 
kommerziellen Zwecken hergestellt worden sind, sollte ausgeschlossen 
sein. Die Strafvorschriften des Stammzellgesetzes sollten entfallen. 
Jede von Deutschland aus erfolgende Beteiligung am Verbrauch 
extrakorporal erzeugter Embryonen im Ausland ist ohnehin nach dem 
Embryonenschutzgesetz strafbar. Das Stammzellgesetz sollte lediglich 
regeln, wie Verstöße gegen die Genehmigungsvoraussetzungen zu ahnden 
sind; dafür ist das Ordnungswidrigkeitenrecht das angemessene Mittel.
Import und Verwendung embryonaler Stammzellen sollten nicht nur für 
die Forschung, sondern auch zum Zweck der Diagnose und Behandlung von
Krankheiten zulässig sein.
Neun Mitglieder des NER sehen in einer Novellierung des 
Stammzellgesetzes keine Fortschreibung des einmal erreichten 
Kompromisses, sondern dessen substanzielle Änderung und Aufkündigung:
Die mit der Aufhebung der Stichtagsregelung und der Erweiterung der 
Nutzungszwecke einhergehende Aushöhlung des ethisch-moralischen 
Fundaments des Stammzellgesetzes sei bei fortbestehender Gültigkeit 
des Embryonenschutzgesetzes ethisch widersprüchlich und in der 
Öffentlichkeit kaum zu vermitteln. Zudem sei nach wie vor nicht 
absehbar, ob und wann sich aus embryonalen bzw. pluripotenten 
Stammzellen wirksame Therapien entwickeln lassen. Zu einer erneuten 
ethischen Abwägung bestehe von daher kein Anlass. Die Befürworter 
dieses zweiten Votums sehen vor diesem Hintergrund zwei mögliche 
konsistente Handlungsoptionen - a) es bei der Stichtagsregelung zu 
belassen oder b) die normativen Grundpositionen und damit das 
Embryonenschutzgesetz selbst neu zu diskutieren. In diesem Fall 
müsste dann auch geprüft werden, ob es nicht doch konsequent wäre, 
die in Deutschland verfügbaren, nicht mehr für Fortpflanzungszwecke 
benötigten Embryonen und befruchteten Eizellen im Vorkernstadium für 
die Forschung zu nutzen, als immer wieder neue HES-Zellen aus dem 
Ausland zu importieren. Im Hinblick auf die beiden Handlungsoptionen 
vertreten die Unterzeichner dieses Votums ganz unterschiedliche 
Positionen. Gemeinsam halten sie eine Verschiebung oder Aufhebung des
Stichtags sowie die damit eröffnete Ausweitung der Nutzungszwecke aus
verschiedenen Gründen für so problematisch, dass sie sich den im 
Votum für eine Novellierung des Stammzellgesetzes enthaltenen 
Vorschlägen nicht anschließen können.
Ein weiteres Mitglied des NER befürwortet die Beibehaltung der dem
Stammzellgesetz zugrunde liegenden Kompromisslinie und eine 
Verschiebung des Stichtages auf ein zurückliegendes, jüngeres Datum.
Die Stellungnahme ist online verfügbar unter 
http://www.ethikrat.org/stellungnahmen/stellungnahmen.html .

Pressekontakt:

Ulrike Florian
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Nationaler Ethikrat
Jägerstrasse 22/23
D-10117 Berlin

Tel: +49 +30 203 70-246
Fax: +49 +30 203 70-252
E-Mail: florian@ethikrat.org
URL: http://www.ethikrat.org

Original-Content von: Deutscher Ethikrat, übermittelt durch news aktuell

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