Automatenwirtschaft will am Wachstum des Glücksspielmarktes partizipieren
Neue Rechtsgrundlage gefordert
Frankfurt a. M., Presseclub
20. Januar 2004
Frankfurt/Main (ots)
Paul Gauselmann: Branche will wieder adäquat am Wachstum des Unterhaltungs- und Gewinnspielmarktes teilhaben / Durchgreifende strukturelle Novellierung der Spielverordnung angestrebt
2003: - Talsohle beim Kapazitätsabbau durchschritten - Geräteabsatz auf niedrigem Niveau erholt - Aufstellerumsätze leicht über Vorjahresergebnis, aber kein Inflationsausgleich
Nach über einem Jahrzehnt massiver Marktanteilsverluste auf dem deutschen Unterhaltungs- und Gewinnspielmarkt will die deutsche Unterhaltungsautomatenwirtschaft zukünftig wieder adäquat am Wachstum dieses Marktes teilhaben. Staatliches Glücksspiel und privatwirtschaftlich betriebenes Gewinnspiel werden in einer Statistik zusammen gefasst. Dies verdeckt aber entscheidende Unterschiede. Im Unterschied zum privatwirtschaftlich betriebenen Gewinnspiel ist es für das Glücksspiel kennzeichnend, dass unangemessen hohe Verluste in kurzer Zeit eintreten können. Beim gewerblichen Unterhaltungsspiel mit Geldgewinn hingegen liegen die Ausgaben in der Praxis im Durchschnitt pro Stunde bei zirka 20,00 EURO (nach geltender Spielverordnung sind maximal 28,92 EURO möglich). Grundvoraussetzung zur Nutzung der wirtschaftlichen Potenziale des innovativen Wirtschaftszweiges der Unterhaltungsautomatenwirtschaft, so der Vorsitzende des Verbandes der deutschen Automatenindustrie e.V. (VDAI) Paul Gauselmann, sei die durchgreifende strukturelle Novellierung der Spielverordnung in der laufenden 15. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages. Im europäischen Umfeld, so zum Beispiel in den Niederlanden, Belgien, Spanien, Großbritannien, Ungarn und der Tschechischen Republik wurde dies vor Jahren schon von der Politik mit Erfolg umgesetzt.
Nach langen Jahren des wirtschaftlichen Rückgangs sei es nun an der Zeit, Wettbewerbsverzerrungen aufzubrechen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, vorhandene Wachstumspotenziale verantwortlich auszuschöpfen. In Deutschland ist der Markt für das Spiel mit Unterhaltungsautomaten durch eine Unzahl von Vorschriften überreguliert, welche die Geschäftstätigkeit jedes Unternehmers in vielfältiger Weise tangieren. Besonders nachteilig, so Paul Gauselmann, seien Wettbewerbsverzerrungen für die Aufstellunternehmer der Automatenwirtschaft gegenüber anderen Angeboten aus dem Glücks- und Gewinnspielmarkt: neben Internetspielen gilt dies insbesondere für das Glücksspielangebot des Staates.
Die Summe aller Einsätze bei Glücks- und Gewinnspielen in Deutschland belief sich im Jahr 2002 auf 27,6 Milliarden EURO. Zu fast 80 Prozent wurden sie von Institutionen umgesetzt, die sich in öffentlicher Trägerschaft befinden. Dabei handelt es sich vor allem um den Lotto- und Totoblock sowie die Spielbanken mit ihrem expansiven Angebot an Automatensälen. "Erst in den letzten Tagen", so Paul Gauselmann, "konnten wir in den Medien lesen, dass jetzt Sachsen-Anhalt die Zahl seiner Automatensäle erhöhen will". Berlin hat zu den beiden Spielbanken einen Automatensaal eröffnet und ein weiterer ist in Vorbereitung. Aber auch die Lotterien sind nicht untätig. So will die Nordwestdeutsche Klassenlotterie am 1. April 2004 mit einem "echten Knaller" starten. Als erste Klassenlotterie führt die NKL einen Jackpot ein, der auf bis zu 15 Millionen EURO anwachsen kann. Das Land Niedersachsen erwägt ein eigenes Lotterie-Tipp-Spiel "Rapido", bei dem alle drei Minuten ein Gewinnereignis eintreten soll.
Der Anteil der Geld-Gewinn-Spiel-Geräte an diesem Markt für Glücks- und Gewinnspiele sank hingegen seit 1995 von damals knapp 25 Prozent auf nunmehr gut 19 Prozent im Jahr 2002. Auch 2003 dürfte sich der Trend nicht verändert haben. "Eine Entwicklung, der wir nicht weiter tatenlos zusehen können", so der VDAI-Vorsitzende.
"Dies sei um so wichtiger", so Paul Gauselmann weiter, "als Umsatzzuwächse in der privaten Wirtschaft zu deutlich mehr neuen Arbeitsplätzen führen als dies beim staatlichen Glücksspiel der Fall ist. In der deutschen Unterhaltungsautomatenwirtschaft arbeiten über 60 000 Menschen. In den Spielbanken hingegen rund 5 500 Menschen. Auf 1 Million EURO Einnahmen entfallen in der Automatenwirtschaft 17,7 Arbeitsplätze, in den Spielbanken lediglich 5,5."
Dependancen im direkten Wettbewerb
"Es sei unverkennbar", so Paul Gauselmann weiter, "dass Spielbanken, Lotterien, Lotto und Toto seit über einem Jahrzehnt fortlaufend neue Spielelemente kreiert hätten. Qualitative Maßnahmen wurden dabei ergänzt durch ein quantitativ breiteres Angebot."
Besonders erfolgreich war dabei die Einführung der Oddset-Wetten 1999. Das ergebnisbezogene Wetten bei Sportereignissen wurde von den Spielern überaus gut angenommen. Massiv angestiegen ist das Angebot von Gewinnspielen, bei denen, zum Beispiel im Fernsehen, ohne Einsatz hohe Gewinne erzielt werden können. Dabei wird ein Nachfragewachstum durch intensive Werbung für neue Produkte stimuliert.
Nachhaltig kritisierte der Verbandsvorsitzende die Wettbewerbsverzerrung zwischen dem gewerblichen Geld-Gewinn-Spiel und den Automatensälen der Spielcasinos. Vor allem die zunehmende Einrichtung von als Dependancen betriebenen Automatensälen der Casinos im innerstädtischen Bereich spreche eine Zielgruppe an, die auch durch das gewerbliche Geld-Gewinn-Spiel angesprochen wird. Im Unterschied zum hoch regulierten gewerblichen Spiel allerdings bieten Slotmaschinen in den Automatensälen extreme Spielanreize. Ein dynamischer Spielverlauf und hohe Gewinnmöglichkeiten, sowie Jackpotauszahlungen im siebenstelligen Eurobereich ziehen zunehmend Kunden an. Inzwischen werden rund 73 Prozent der Einnahmen der Spielbanken mit Glücksspielautomaten erwirtschaftet.
"Aufschlussreich sei", so Paul Gauselmann, "der Blick auf die durchschnittlichen Einnahmen der Casinogeräte. Zahlen aus den Automatensälen z.B. von Dortmund-Hohensyburg, Stuttgart und Berlin (Potsdamer Platz) zeigen, dass ein einziges Casinogerät im Jahr mehr Einnahmen hat als eine durchschnittliche Spielstätte mit maximal möglichen 10 gewerblichen Geld-Gewinn-Spiel-Geräten."
Strukturwandel in der Gastronomie belastet
Neben diesen wettbewerbsverzerrenden Rahmenbedingungen kämpft die deutsche Unterhaltungsautomatenwirtschaft weiterhin mit dem massiven Strukturwandel in der Gastronomie. Die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes vom 16. Januar 2004 zeigen, dass die Umsätze im Gastgewerbe im letzten Jahr voraussichtlich um 5 Prozent gesunken sind. Bei Schank- und Gaststätten sind die Rückgänge noch dramatischer. Die schwierige Lage der Schank- und Gaststätten führt seit Jahren zu einem starken Kapazitätsabbau, insbesondere bei Geld- Gewinn-Spiel-Geräten. Der Gastronomieanteil der insgesamt aufgestellten Unterhaltungsautomaten ist mittlerweile auf 60 Prozent gesunken.
Diese negative Entwicklung in der Gastronomie kann allerdings kaum durch die Erschließung neuer Betätigungsfelder kompensiert werden. Gerade die restriktive Praxis der Kommunen bei der Genehmigung neuer Spielstätten erschwert dies außerordentlich.
Novellierung der Spielverordnung schafft Chancen, garantiert Spielerschutz und bringt bis zu 20 000 neue Arbeitsplätze
Die Zukunftsfähigkeit der deutschen Unterhaltungsautomatenwirtschaft erfordert jetzt die entscheidenden politischen Weichenstellungen. Deshalb will die deutsche Unterhaltungsautomatenwirtschaft für ihre Spielgäste ein zukunftsfähiges, vielfältiges und attraktives Spielangebot. Vor diesem Hintergrund strebt die Automatenwirtschaft in der laufenden Legislaturperiode die durchgreifende strukturelle Novellierung der Spielverordnung an. Die Unterhaltungsautomatenwirtschaft verfügt über das entsprechende Know-how, die politische Vorgabe des Spielerschutzes durch die unmittelbare Vorgabe des zulässigen Durchschnittsverlustes einzulösen.
"Ich bin zuversichtlich, dass es uns in den kommenden Monaten gelingen wird, in einem gemeinsamen Bemühen zwischen Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) und den Verbänden der Automatenwirtschaft zukunftsfähige Lösungen zu finden und umzusetzen", so Paul Gauselmann. Eine solche Lösung wird dazu beitragen, den hier und da zu beobachtenden Missbrauch mit Fun Games zu beenden.
Eine solche, den heutigen Gegebenheiten angepasste Spielverordnung, in der nur die für den Spielerschutz letztendlich entscheidenden Eckdaten vorgegeben werden, wird für Paul Gauselmann neue Potenziale frei setzen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unterhaltungsautomatenwirtschaft wieder verbessern. Die Geräte werden dann für den Spielgast wieder spannender, ohne dass allerdings die durchschnittliche Geldausgabe pro Stunde für dieses Freizeitvergnügen spürbar ansteige. Gleichzeitig werden die deutschen Gerätehersteller damit auch die dringend notwendige Chance erhalten, ihre Position auf den internationalen Märkten weiter auszubauen, was letztendlich der Arbeitsplatzsicherung und - erweiterung in Deutschland dient.
2003: Talsohle durchschritten
Im Rückblick auf das Jahr 2003 sieht Paul Gauselmann die Talsohle beim Geräteabbau durchschritten. Nach vorläufigen Berechnungen wurden 2003 insgesamt 77 957 Sport- und Unterhaltungsautomaten mit und ohne Geld-Gewinn-Möglichkeit abgesetzt. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Rückgang von 6,4 Prozent. Der Anteil der Mitgliedsunternehmen des VDAI dürfte im Mittel über allen Gerätegruppen bei rund 80 Prozent liegen.
Den Steigerungen bei Unterhaltungsautomaten ohne Geld-Gewinn- Möglichkeit standen Rückgänge beim Kernprodukt Geld-Gewinn-Spiel-Gerät in Höhe von 8 Prozent gegenüber. Dieser Rückgang ist allerdings eher eine technische Reaktion auf das euroumstellungs-bedingte höhere Nachfragevolumen des Jahres 2002. Gemäß der Statistik der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) wurden im zurückliegenden Jahr 65 382 Zulassungsurkunden für Unterhaltungsspielautomaten mit Geld-Gewinn-Möglichkeit erteilt. Da nur ca. 90 Prozent der erteilten Neuzulassungen zu einem bleibenden Absatz von Geräten führten, ist das tatsächliche Marktvolumen geringer. Der permanente Rückgang der 90er Jahre hat damit wohl seinen Tiefpunkt im Jahr 2000 erreicht. Seitdem hat sich der Absatz etwas erholt, ohne dass allerdings von einem "Aufschwung" gesprochen werden kann. Die Absätze in den Jahren 2001 und 2002 waren durch die Einführung des EURO überzeichnet.
Im Segment der Unterhaltungsautomaten ohne Geld-Gewinn-Möglichkeit wurde 2003 der massive Abwärtstrend gestoppt. Es konnten 3,7 Prozent mehr Geräte als im Vorjahr abgesetzt werden. Wichtige Produktgruppen sind hier die Touchscreengeräte und die Fun Games. Gerade mit Touchscreens waren die Unternehmer in der Lage, neue Aufstellorte und Kundengruppen zu erschließen. Die Wachstumspotenziale resultierten insbesondere aus dem innovativen Spielangebot. Fun Games, die i.d.R. aus Geld-Gewinn-Spiel-Geräten englischer oder holländischer Provenienz abgeleitet sind, haben breiten Einsatz in Spielstätten gefunden. Ihre Attraktivität gründet sich zu einem wesentlichen Teil auf einem schnellen Spiel.
Gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Normierung e.V. (DIN) wurde 2002 eine Publicly Available Specification (PAS) erarbeitet, die jetzt auf dem Markt umgesetzt wird. Geräte, die dieser Vereinbarung entsprechen, erhalten eine Kennzeichnung und setzen einen Maßstab für marktkonformes Verhalten.
Die Gesamtzahl der in Deutschland aufgestellten Unterhaltungsautomaten ist auch 2003 weiter zurückgegangen. Nach vorläufiger Berechnung liegt sie bei rund 383 000 Geräten.
Die addierten Umsätze der drei Branchenstufen (Herstellende Industrie, Großhandel und Betreiber/Aufsteller) lagen 2003 bei knapp 3,9 Milliarden EURO. Das Vorjahresergebnis wurde damit knapp übertroffen, reicht allerdings nicht aus, um die allgemeine Preissteigerung (Inflation) zu kompensieren.
2004: Chancen nutzen
Zusammenfassend stellt Paul Gauselmann fest, dass ein schwieriges Jahr hinter der deutschen Unterhaltungsautomatenwirtschaft liegt. Für das laufende Jahr sei er durchaus optimistisch, allerdings nur dann, wenn es gelingt, die notwendigen Reformen auf den Weg zu bringen und die evidenten Defizite im Vergleich mit den anderen Angeboten im Glücks- und Gewinnspielmarkt abzubauen. Damit würde dann endlich auch der Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz vom Mai 2000 zu einem konkreten und fassbaren Ergebnis führen.
Gleichzeitig gelte es, Unsicherheiten zu beseitigen, die die Investitionstätigkeit der Aufstellunternehmen aktuell belasten, wie zum Beispiel starke Erhöhungen bei der Vergnügungssteuer in verschiedenen Bundesländern und kommunalen Gebietskörperschaften, die zum Teil erdrosselnde Wirkung zeigen.
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