Zentralrat Deutscher Sinti und Roma
Zentralrat Deutscher Sinti und Roma feiert mit musikalischen „Erinnerungen“
Ein Dokument
Beim Konzert zum 40-jährigen Bestehen mit dem renommierten „Hugo Wolf Quartett“ wirft der Vorsitzende Romani Rose einen Blick zurück zu den Anfängen und gleichzeitig auf die Herausforderungen für die Zukunft.
Der Weg war nicht leicht, es gab Rückschläge und Niederlagen. Dennoch hat sich die Bürgerrechtsbewegung durchgesetzt und vor 40 Jahren den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma gegründet. Dieses Jubiläum ist Anlass für einen Blick zurück zu den Anfängen, gleichzeitig aber auch zu den Herausforderungen für die Zukunft.
Mit Erinnerung beschäftigt sich seit langem auch der Komponist Ralf Yusuf Gawlick. Er hat seine außergewöhnliche persönliche Geschichte in dem Werk „Imagined Memories“ mit Musik illustriert. Erst drei Jahre nach der Uraufführung hat er allerdings erfahren, dass er nicht nur kurdischer Abstammung, sondern auch Sohn einer Romni ist. Das wiederum eröffnet ihm eine neue Perspektive für seine künftige Entwicklung.
Angesichts dieser parallelen Beschäftigung mit früher, heute und morgen scheint es geradezu folgerichtig, dass „Imagined Memories“ auf dem Programm für das Jubiläumskonzerts des Zentralrates am 7. April um 19 Uhr im Palais Prinz Carl in Heidelberg steht. Gespielt werden das autobiographische Stück sowie das Meisterwerk „Rosamunde“ von Franz Schubert von dem renommierten „Hugo Wolf Quartett“ aus Wien, das bereits bei der Weltpremiere in der New Yorker „Carnegie-Hall“ im Jahr 2016 das Publikum begeistert hat. Organisiert wird die festliche Veranstaltung, die auch unter https://40Jahrezentralrat.sintiundroma.de und unseren Social-Media-Kanälen verfolgt werden kann, vom Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma.
Restkarten zum Preis 15 Euro (ermäßigt 10 Euro) sind beim Ticketportal Reservix oder bei der Vorverkaufsstelle Dürninger (Zigarren Grimm) in der Sofienstraße 11 erhältlich.
Ralf Yusuf Gawlick
Ralf Yusuf Gawlick wurde 1969 im bayerischen Pfaffenhofen geboren. Seine noch sehr junge Mutter hat ihn als Säugling in ein Waisenhaus gebracht, aufgewachsen ist er bei Adoptiveltern in Nordrhein-Westfalen. „,Imagined Memories‘ lotet eine nie gelebte Beziehung aus: die Verbindung zu meiner leiblichen Mutter, die ich nie kennengelernt habe“, beschreibt der Komponist. „Nach der Geburt, für die sie große Risiken auf sich genommen hatte, ist sie in ihre alte Heimat nach Istanbul zurückgekehrt.“ Ihren Namen hat Gawlick erst 2009 erfahren, als er Pfaffenhofen besuchte und seine Geburtsurkunde erstmals in Händen hielt. Es schloss sich eine jahrelange, aber vergebliche Suche nach der Frau an. Durch etliche schier unglaubliche Zufälle und die Unterstützung kurdischer Freunde fand er sie schließlich nach der Uraufführung des ihr gewidmeten Stücks in der Türkei. „Das erste Mal sprach ich mit ihr im Oktober 2017 über Skype und arrangierte dann im Januar 2018 ihren Besuch zur Aufführung von „Imagined Memories“ im Wiener Musikverein”, berichtet Ralf Yusuf Gawlick, der seit 22 Jahren Professor für Musik am Boston College ist. „Dort haben wir uns dann persönlich getroffen und umarmt. Dabei offenbarte sie mir, dass sie gar keine Kurdin ist, wie mir stets gesagt wurde, sondern Romni.”
„Hugo Wolf Quartett“
Das „Hugo Wolf Quartett“ hat sich unter Freundinnen und Freunden klassischer wie auch zeitgenössischer Musik längst einen Namen gemacht. Von vier Studierenden der Wiener Musikhochschule im Jahr 1993 gegründet, folgten schnell mehrere Auszeichnungen, wie der Europäische Kammermusikpreis, der für „künstlerisches Talent und herausragende Ensemble-Leistung“ verliehen wird. Von der ursprünglichen Besetzung sind heute noch Florian Berner und Regis Bringolf mit dabei. Im Jahr 2005 übernahm Sebastian Gürtler die Erste Geige. Die junge Bratschistin Subin Lee ist seit 2016 Mitglied des Streichquartetts, das inzwischen in allen großen Konzertsälen und auf den bedeutendsten Festivals zu Hause ist. Bei der Programmauswahl nimmt neben der klassisch-romantischen Literatur auch die zeitgenössische Musik einen wichtigen Platz ein. Davon legt die Wahl des Namenspatrons Hugo Wolf Zeugnis ab. Der Komponist an der Schwelle von der Romantik zur Moderne steht für eine künstlerische Haltung, die ebenso neugierig in die Vergangenheit wie in die Zukunft schaut. Und diese Verknüpfung zeigt sich auch bei der Musikauswahl beim Jubiläumskonzert: zuerst Franz Schubert und im Anschluss Ralf Yusuf Gawlick.
Zentralrat Deutscher Sinti und Roma
Neun Vereinigungen der deutschen Sinti und Roma schlossen sich im Februar 1982 in Darmstadt zum Zentralrat Deutscher Sinti und Roma als ihrem Dachverband zusammen. An der Gründungsversammlung nahmen über 70 Delegierte aus dem gesamten Bundesgebiet teil, damit begann eine neue Phase der Bürgerrechtsarbeit. Mit der Gründung des Zentralrats konnten die Aktivisten eine bundesweite Vertretung der deutschen Sinti und Roma etablieren, die von der Bundesregierung als politischer Gesprächspartner akzeptiert wurde. Nur wenige Wochen später erkannte Bundeskanzler Helmut Schmidt den NS-Völkermord an den Sinti und Roma in Deutschland erstmals offiziell an. Schmidt erklärte: „Den Sinti und Roma ist durch die NS-Diktatur schweres Unrecht zugefügt worden. Sie wurden aus rassischen Gründen verfolgt.“ Und weiter: „Diese Verbrechen haben den Tatbestand des Völkermords erfüllt.“ Mit der Anerkennung dieses lange „vergessenen Holocaust“ und der Anerkennung als nationale Minderheit wurden die bis heute entscheidenden Grundlagen für die gleichberechtigte Teilhabe geschaffen.
Wenngleich der Zentralrat sich primär als Interessenvertretung der deutschen Sinti und Roma versteht, wendet er sich in Stellungnahmen stets auch gegen rassistische und diskriminierende Maßnahmen und Vorgänge im Ausland und tritt nachdrücklich für einen besseren Schutz der dortigen Roma-Minderheiten ein.
Hinweis an die Redaktionen: Falls Sie über das Konzert berichten möchten, reservieren wir Ihnen auf Anfrage gern eine Pressekarte.
Heidrun Helwig Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
heidrun.helwig@sintiundroma.de Tel.: 06221-981124
Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma https://dokuzentrum.sintiundroma.de/