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CO2-Entnahme: Ohne schnellen Hochlauf ist Klimaneutralität bis 2045 kaum erreichbar

München (ots)

  • Von LMU koordiniertes Forschungsprogramm CDRterra fordert rasches Handeln und klare politische Rahmenbedingungen für die CO2-Entnahme aus der Atmosphäre.
  • Verschiedene landbasierte CO2-Entnahmeverfahren können helfen, bis 2045 die deutschen Restemissionen zu kompensieren - vorausgesetzt, rechtliche und strukturelle Hürden werden abgebaut und die Emissionsreduktion erfolgt sehr ambitioniert.
  • Innovative Methoden wie die künstliche Photosynthese oder neue Baustoffe erweitern das Portfolio, benötigen aber noch Entwicklungszeit.

Bis 2045 soll Deutschland laut Bundes-Klimaschutzgesetz treibhausgasneutral werden. Dafür reicht es nicht, Emissionen massiv zu senken: Es muss auch ein bedeutender Anteil an CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden. Über 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des interdisziplinären Großprojekts CDRterra haben in zehn Forschungsverbünden verschiedene CO2-Entnahmemethoden (Carbon Dioxide Removal, CDR) untersucht - von biologischen bis zu (geo-)chemischen Verfahren. Das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) geförderte Programm wird von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München koordiniert.

COâ''-Entnahme braucht Tempo

Die Forschenden entwerfen ein Szenario mit ambitionierten Transformationsmaßnahmen, in dem ab 2045 bis zu 80 Millionen Tonnen COâ''-Äquivalente pro Jahr durch verschiedene CDR-Verfahren gebunden werden - wenn bestehende und neue Ansätze kombiniert werden.

Heute entzieht Deutschland der Atmosphäre dagegen nur einen Bruchteil davon. Selbst bei höchst ambitionierter Minderung werden ab 2045 immer noch 60 bis 130 Millionen Tonnen Restemissionen im Jahr bleiben, so Schätzungen. "Ohne ehrgeizige Emissionsminderungen und CO2-Entnahme verfehlen wir unsere Klimaziele. Für den Hochlauf von CDR braucht es klare Regeln, den Ausbau neuer Methoden, den Schutz natürlicher Senken - und den Dialog mit der Gesellschaft", sagt Julia Pongratz, CDRterra-Sprecherin und Professorin an der LMU.

Etablierte Verfahren brauchen neue Gesetze

Bewährte Verfahren wie Aufforstung und Agroforstwirtschaft oder Methoden des "Carbon Farmings" wie der Zwischenfruchtanbau lassen sich kurzfristig umsetzen und beschleunigen die CO2-Speicherung. Modellierungen zeigen, dass großflächige Aufforstungen den Klimawandel messbar bremsen können. Doch für eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad muss die heutige weltweite CO2-Entnahme bis 2050 mindestens verdoppelt werden. In Deutschland verschärft sich dadurch der Wettbewerb um Flächen erheblich. Hinzu kommen rechtliche und strukturelle Hürden: So ist die Umwandlung von Grünland in Wald vielerorts untersagt und Landwirtinnen und Landwirten fehlt oft das Know-how oder die langfristige Planungssicherheit.

Innovative CDR-Verfahren mit Potenzial

Um das Portfolio zu erweitern, haben die Forschenden auch neue Verfahren entwickelt. Potenzial sehen sie etwa in der künstlichen Photosynthese, die CO2 mithilfe von Solarenergie in Kohlenstoffflocken umwandelt - effizienter als natürliche Prozesse. Vielversprechend sind auch neuartige Baustoffe auf Basis von Gabbro, Pflanzenkohle und biobasierten Kohlenstofffasern, die CO2 speichern. Diese Optionen brauchen jedoch noch Entwicklungszeit.

Gesellschaft und Infrastruktur als Schlüssel

CO2-Entnahme ist auch eine technische Herausforderung, bei der Infrastruktur für CO2- Transport und -Speicherung gut geplant werden muss. "Darüber hinaus ist sie eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Landwirtinnen und Landwirte, Industrie, Kommunen und Bürgerinnen und Bürger müssen von Anfang an beteiligt werden - nur so entstehen Akzeptanz und Vertrauen, die für die Umsetzung entscheidend sind", betont LMU-Geograph Dr. Felix Havermann, wissenschaftlicher Koordinator bei CDRterra.

Das Fazit von CDRterra ist eindeutig: Um Treibhausgasneutralität zu erreichen, müssen Landnutzung und Landwirtschaft grundlegend reformiert, geeignete Infrastrukturen aufgebaut und die politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden - im engen Dialog mit der Gesellschaft. So können auch vielfältige ökologische und gesellschaftliche Vorteile genutzt werden. Der Verbund appelliert: "Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren - die nächsten Jahre sind entscheidend."

Hintergrundinformationen

Detaillierte Forschungsergebnisse aus den zehn Verbundprojekten finden sich im CDRterra-Synthese-Factsheet "Potenziale und Risiken der landbasierten Entnahme in Deutschland - was wir jetzt wissen und was zu tun ist".

Einen Überblick über zentrale Ergebnisse und Handlungsempfehlungen bietet die Zusammenfassung des Ergebnis-Factsheets für die interessierte Fachöffentlichkeit.

Beide Dokumente stehen zum Download bereit unter: https://cdrterra.de/ergebnisse-phase-1/

Kontakt:

Prof. Dr. Julia Pongratz

Ludwig-Maximilians-Universität München

Lehrstuhl für Physische Geographie und Landnutzungssysteme

Tel: +49 (0) 89 / 2180 - 6652

E-Mail: julia.pongratz@lmu.de

https://www.geo.lmu.de/geographie/de/personen/kontaktseite/julia-pongratz-a88df483.html

Pressekontakt:

Claudia Russo
Leitung Presse & Kommunikation
Ludwig-Maximilians-Universität München
Leopoldstr. 3
80802 München

Phone: +49 (0) 89 2180-3423
E-Mail: presse@lmu.de

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