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Bessere Behandlungsmöglichkeiten für Skoliosepatienten - Otto von Guericke-Preis 2018 der AiF geht nach Dresden

Bessere Behandlungsmöglichkeiten für Skoliosepatienten - Otto von Guericke-Preis 2018 der AiF geht nach Dresden
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Berlin (ots)

Laut Deutschem Gesundheitsamt weisen 80 Prozent der Kinder in Deutschland Haltungsschäden auf. Etwa 125.000 Heranwachsende ab dem zehnten Lebensjahr sind sogar von einer krankhaften Wirbelsäulenverkrümmung, der so genannten Skoliose, betroffen. Eine notwendige Therapie dieser Erkrankung ist anstrengend und erfordert einen hohen personellen Aufwand. Dr.-Ing. Grzegorz Sliwinski von der Technischen Universität (TU) Dresden und Dipl.-Ing. (FH) Michael Werner vom Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz haben jetzt dafür gesorgt, dass die jungen Patienten es in Zukunft leichter haben werden: Im Rahmen eines Projektes der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) konnten die beiden Wissenschaftler ein kindgerechtes Therapiegerät und eine Simulationsplattform für die Skoliosebehandlung entwickeln. Damit soll nicht nur die Therapie vereinfacht, sondern auch das Gesundheitswesen entlastet werden. Koordiniert wurde das Projekt vom AiF-Mitglied Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V. (DECHEMA). Für ihre Leistungen wurden die Forscher gestern in Berlin mit dem Otto von Guericke-Preis der AiF ausgezeichnet. Der Preis wird einmal im Jahr für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der IGF vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. Die vorwettbewerbliche IGF wird im Innovationsnetzwerk der AiF und ihrer 100 Forschungsvereinigungen organisiert und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit öffentlichen Mitteln gefördert.

Frühestmöglicher Therapiebeginn

Bei einer Skoliose weist die Wirbelsäule eine dreidimensionale Fehlstellung auf. So sind die einzelnen Wirbelkörper um ihre Längsachse verdreht und die Wirbelsäule zudem im Ganzen seitlich verkrümmt. Eine Skoliose kann verschiedene Auslöser haben, von angeborenen Fehlbildungen der Wirbel über bestimmte Muskelerkrankungen bis hin zu Unfällen. In etwa 90 Prozent der Fälle bleibt die Ursache aber unbekannt. Die Erkrankung beginnt meist im Wachstumsalter und führt je nach Ausprägung der Wirbelsäulenveränderungen zu mehr oder weniger starken gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Bewegungseinschränkungen, Rückenschmerzen oder auch Funktionseinschränkungen der inneren Organe. Obwohl eine Skoliose im klassischen Sinn nicht heilbar ist, sollte eine Therapie möglichst früh beginnen, um schwerere Verlaufsformen zu verhindern.

Kindgerechtes Gerät mit multisensorischem Feedbacksystem

"Eine skoliosespezifische Physiotherapie, wie sie in Deutschland angewandt wird, ist insbesondere für die jungen Patienten sehr anspruchsvoll.", erklärt der Dresdner Wissenschaftler Sliwinski. "Dabei gibt es heute schon teilautomatisierte Systeme, die die Übungen einfacher machen und den Therapeuten körperlich entlasten. Bislang sind diese Geräte aber noch nicht ausgereift.", so der Ingenieur. Sein Kollege Werner vom Dresdner IWU-Standort ergänzt: "Wir haben das Potenzial dieser derzeit in Polen und Spanien verwendeten Geräte erkannt und uns an die Verbesserung des bestehenden Systems gemacht. Dabei haben wir die Erfahrungen der Therapeuten und Patienten berücksichtigt und verschiedene technische Lösungen entwickelt." Die gerätegestützte Skoliosetherapie mit FED (Fixation, Elongation und Derotation), auf der das moderne Gerätekonzept der Preisträger aufbaut, basiert auf der Mobilisierung der Wirbel, der Stimulation des Knochenwachstums, der Muskelkräftigung und der Verbesserung der sensomotorischen Kontrolle. Besonders wichtig war den heute ausgezeichneten Ingenieuren eine offene Bauweise des Therapiegeräts, die die kleinen Patienten nicht einengt. Sein Herzstück ist ein integriertes multisensorisches Feedbacksystem, das auf die Bewegungen des Patienten reagiert. Dadurch werden sowohl die kognitiven als auch die sensomotorischen Fähigkeiten während der Behandlung optimal angesprochen. "Letztendlich führt die Summe der Verbesserungen dazu, dass die Patienten bei einem geringeren Trainingsaufwand und gleichzeitiger Stärkung der Langzeitmotivation schneller lernen, ihre Körperhaltung zu korrigieren und diese auch im Alltag anzunehmen.", fasst Sliwinski zusammen.

Bessere Versorgung von Skoliosepatienten birgt großes Marktpotential

Christian Diers, Geschäftsführer der Diers International GmbH in Schlangenbad, hat als Hersteller von Medizinprodukten das ausgezeichnete IGF-Projekt von Anfang an eng begleitet. "Die Versorgung der Patienten, vor allem im Zusammenspiel von Therapie und Diagnostik, hat sich nach unseren Beobachtungen deutlich verbessert. Wir sind vollends überzeugt von dem ausgezeichneten System und sehen dafür ein großes Marktpotential.", betont Diers. Professor Kurt Wagemann, Geschäftsführer des AiF-Mitglieds DECHEMA, sieht in der Medizintechnik einen wichtigen Pfeiler der IGF: "Die diesjährigen Träger des Otto von Guericke-Preises haben eine wissenschaftbasierte Therapieform entwickelt, bei der die behandelten Kinder spielend lernen. Das hat mich besonders überzeugt. Dass dadurch womöglich auch Operationen vermieden werden können, ist ein ein weiterer Pluspunkt des ausgezeichneten IGF-Projektes."

Einen dreiminütigen Film zum Projekt finden Sie auf der Website der AiF unter https://www.aif.de/video-uebersicht.html.

Ansprechpartner zum Projekt

Dr.-Ing. Grzegorz Sliwinski, TU Dresden, Institut für Biomedizinische Technik, E-Mail: Grzegorz.Sliwinski@tu-dresden.de, Telefon: +49 (0)351 463 35342

Prof. Dr. Kurt Wagemann, Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V. (DECHEMA), E-Mail: info@dechema.de, Telefon: +49 (0)69 7564-0

Über die AiF

Die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e.V. ist das Forschungsnetzwerk für den deutschen Mittelstand. Sie fördert Forschung, Transfer und Innovation. Als Dachverband von 100 gemeinnützigen Forschungsvereinigungen mit mehr als 50.000 eingebundenen Unternehmen und 1.200 beteiligten Forschungsstellen leistet sie einen wichtigen Beitrag, die Volkswirtschaft Deutschlands in ihrer Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu stärken. Die AiF als gemeinnütziger Verein organisiert die Industrielle Gemeinschaftsforschung und betreut über die AiF Projekt GmbH und die AiF FTK GmbH, ihre einhundertprozentigen Tochtergesellschaften, weitere Förderprogramme der öffentlichen Hand. Im Jahr 2017 setzte die AiF rund 535 Millionen Euro an öffentlichen Fördermitteln ein. Seit ihrer Gründung im Jahr 1954 lenkte sie rund 11,5 Milliarden Euro öffentliche Fördermittel in neue Entwicklungen und Innovationen und brachte mehr als 230.000 Forschungsprojekte auf den Weg.

Pressekontakt:

AiF e.V., Evelyn Bargs-Stahl, presse@aif.de, Telefon: +49 221 37680
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