Pressemitteilung

DEKRA Crashtest mit nachgerüstetem Erdgas-Pkw / Optimierungsbedarf bei der Insassensicherheit

2006-03-31T10:00:00

Stuttgart (ots) -

Mit vergleichsweise geringem  Aufwand lassen sich Benzinmotoren
auf Erdgasbetrieb umrüsten. Was bei einem Heckaufprall mit der
Gasanlage passiert, hat DEKRA auf seiner Crash Test Anlage in
Neumünster untersucht. Das Testergebnis bestätigte zunächst die
Sicherheit der Komponenten des Erdgasantriebes. Tank und Leitungen
der nachgerüsteten Erdgasanlage blieben dicht. Genauso wie der
konventionelle Benzintank mit den dazu gehörenden Leitungen. "Es
zeigten sich aber gravierende Unterschiede im Crashverhalten zwischen
dem umgerüsteten Pkw und einem nicht umgerüsteten Vergleichsmodell",
berichtete Clemens Klinke, Vorsitzender der Geschäftsführung der
DEKRA Automobil GmbH, bei einem Pressegespräch zur AMI 2006 in
Leipzig. "Die eingebauten Gasflaschen drückten in die Rücksitzbank
und führten bei den hinten sitzenden Dummys zu Besorgnis erregenden
biomechanischen Messwerten", so Klinke.
"Bei den serienmäßigen Erdgasfahrzeugen führen in der Regel die
Automobilhersteller Crashtests durch, die die Unfallsicherheit
sicherstellen. Aber wie steht es um die Crashsicherheit von
Nachrüstlösungen?", fragte Clemens Klinke. In einem aufwändigen
Crash Test ist DEKRA in seinem Crash Test Center in Neumünster dieser
Frage nachgegangen. "Grundsätzlich ist Erdgas gar nicht so
gefährlich, wie häufig dargestellt", schickte Clemens Klinke voraus.
Erdgas ist schwer entflammbar und entzündet sich erst bei 650 Grad
Celsius. Zudem ist Erdgas leichter als Luft und so verflüchtigt es
sich auch rasch. "Deshalb können Erdgasfahrzeuge im Gegensatz zu
Autos, die mit Flüssiggas betrieben werden, auch Tiefgaragen
befahren." Der Betriebsdruck des gespeicherten Erdgases beträgt 200
bar. Die Tanks im Auto aber müssen für 650 bar geprüft sein, verfügen
also über mehr als die dreifache Sicherheit. Vorgeschriebene
Sicherheitsventile sorgen zudem für hohe Dichtheit und im Falle eines
Fahrzeugbrandes für ein kontrolliertes Abbrennen des Gases. "Sicher
ist, dass Erdgasfahrzeuge bei einem Unfall nicht explodieren -
genauso wenig übrigens wie Autos mit Benzin- oder Dieselmotor",
betonte der DEKRA Geschäftsführer. Das gebe es nur im Kino und
Fernsehen, wo mit viel Pyrotechnik für explosive Unfall-Action
gesorgt werde.
Für den Crashtest ließ DEKRA einen Opel Vectra Kombi, Baujahr
1998, von einem zertifizierten Fachbetrieb auf Erdgasbetrieb
umrüsten. Dazu wurden unter anderem drei Erdgastanks für je 3,9
Kilogramm Erdgas auf einem fest mit dem Fahrzeug verbundenen Rahmen
auf dem Laderaumboden hinter der Rücksitzbank montiert. Im DEKRA
Crash Test Center in Neumünster simulierten die DEKRA Unfallforscher
dann das "Worst Case Szenario": einen schweren Heckaufprall mit hoher
Geschwindigkeit auf das stehende Fahrzeug nach der US-Norm FMVSS 301.
Dieser Test wird in den USA durchgeführt, um die Dichtheit des
Tanksystems bei konventionell angetriebenen Fahrzeugen zu prüfen.
Dabei wird ein 1,8 Tonnen schwerer Stoßwagen mit starrer Prallplatte
mit einer Anprallgeschwindigkeit von 48 km/h gegen das Heck des
stehenden Pkw gefahren. "Simuliert wird hier also ein schwerer
Heckaufprall etwa durch einen Geländewagen oder einen Kleinlaster",
erläuterte Clemens Klinke. Um Vergleichswerte zu erhalten, führten
die DEKRA Unfallforscher den Heckcrash auch  mit einem zweite Opel
Vectra Kombi durch, der nicht auf Gasbetrieb umgerüstet war. Bei
beiden Crashversuchen saßen zwei instrumentierte Erwachsenen-Dummys
auf der Rücksitzbank. Neun Hochgeschwindigkeits-Filmkameras hielten
jede Phase der Crashs fest und lieferten den Unfallforschern zusammen
mit den Daten vieler Sensoren am Fahrzeug und an den Dummys
Informationen für die anschließende differenzierte Analyse.
Brustbelastungswerte über dem Grenzwert
   Am Kopf und Becken der Dummys wurden im Erdgasfahrzeug höhere
Beschleunigungswerte gemessen als an den Dummys im
Vergleichsfahrzeug. Das Verletzungsrisiko war also im Erdgasfahrzeug
höher. Dabei lagen die Werte für Kopf und Becken  aber noch unter dem
Grenzwert. Die Beschleunigungswerte im Brustbereich der Dummys jedoch
betrugen im Erdgasfahrzeug 62 g beim links sitzenden und 83 g beim
rechts sitzenden Dummy. Der Grenzwert von 60 g wurde damit erreicht,
beziehungsweise deutlich überschritten. Hier sind daher schwerste bis
tödliche Verletzungen zu erwarten. Die Ursache für die dramatische
Gefährdung der hinten sitzenden Insassen im nachgerüsteten Vectra
lieferten unter anderem die Highspeed-Kameras. Deutlich zu erkennen
ist auf den Aufnahmen, dass der vordere der drei quer zur
Fahrtrichtung eingebauten Gastanks im Verlauf der Deformation des
Fahrzeughecks massiv auf die Rückenlehne aufschlägt. Dies war auch an
Beschädigungen an der Rückenlehne deutlich zu erkennen.
Erdgasantrieb bietet insgesamt viele Vorteile
   "Unser Crashtest hat die hohe Sicherheit von Erdgasanlagen im
Fahrzeug bestätigt", fasste Clemens Klinke das Ergebnis zusammen.
Autofahrer sollten dabei darauf achten, dass die Nachrüstung von
einem zertifizierten Fachbetrieb durchgeführt wird. Erhebliches
Optimierungspotential gebe es aber bei der Insassensicherheit. "Wir
müssen uns Gedanken machen über die Einbaulage der Gasflaschen und
das durch die Einbauten veränderte Deformationsverhalten bei schweren
Unfällen," forderte Klinke. Als Verbesserung komme ein größerer
Abstand zwischen Tank und Rücksitzlehne in Frage und gleichzeitig
eine den Anprall dämpfende Trennplatte aus einem geeigneten Material.
"Insgesamt bietet der umweltfreundliche Erdgasantrieb aber so viele
Vorteile, dass man das Konzept unbedingt weiter verfolgen sollte."
Über DEKRA
DEKRA ist eine international ausgerichtete
Sachverständigen-Organisation, die sich für Sicherheit und Qualität
der Menschen im Umgang mit Technik, Umwelt und Mobilität engagiert.
In vier Business Units sind die rund 100 Tochter- und
Beteiligungsgesellschaften über die DEKRA AG an den DEKRA e. V.
angebunden. Die Business Units DEKRA Automotive, DEKRA NORISKO
Industrial, DEKRA Qualification sowie DEKRA International Operations
stehen für qualifizierte und innovative Dienstleistungen rund um die
Themen Fahrzeugprüfungen, Gutachten, Industriedienstleistungen,
Zertifizierungen, Umwelt- und Baugutachten, Aus- und Weiterbildung,
Zeitarbeit, Consulting und Schadenregulierung. DEKRA ist heute in 23
Ländern West- und Osteuropas sowie in den USA, Brasilien und
Südafrika präsent. Mehr als 15.000 Mitarbeiter erwirtschaften einen
Jahresumsatz von rund 1,2 Milliarden Euro.
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Pressekontakt:

Lothar Nicolas
0711.78 61 - 21 22
0711.78 61 - 27 00
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