Pressemitteilung

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Schavans Plagiatsaffäre

2013-02-06T20:05:00

Bielefeld (ots) -

Weder für Verteidigungs- noch für Bildungsminister ist ein Doktorhut Einstellungsvoraussetzung. Wenn diese Politiker aber diesen Titel in der Öffentlichkeit verwenden, versteht es sich von selbst, dass dieser nach den Regeln erworben werden muss, die auch für alle anderen Doktoranden gelten. Das weiß auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). Es ist ihr Recht, gegen die Aberkennung ihres Doktortitels zu klagen. Ist es aber politisch sinnvoll? Schavan fühlt sich in ihrer Ehre gekränkt. Abschreiben, täuschen oder betrügen - das will die Politikerin nicht auf sich sitzen lassen. Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) brauchte ganze 14 Tage, um nach Bekanntwerden erster Vorwürfe die Reißleine zu ziehen und zurückzutreten. Annette Schavan hatte vor 33 Jahren keinen Computer, der das Kopieren ganzer Textpassagen zum Kinderspiel werden ließ. Darum geht es in ihrem Fall auch gar nicht. Ob aus Täuschungsabsicht oder nicht: Die Ministerin hat »in bedeutendem Umfang fremde Texte ohne Kennzeichnung übernommen« - sagen die zuständigen Gremien der Universität Düsseldorf. Das dürfen weder die Oberschüler von heute, noch war das jungen Studenten vor 33 Jahren erlaubt. Und wer das Pech hat, erwischt zu werden, muss die Folgen tragen. Denn eines ist auch klar: Bei 25 000 Arbeiten, die in jedem Jahr als Dissertation eingereicht werden, müssten bei gründlicher Prüfung mehr Kandidaten erwischt werden als zu Guttenberg, Koch-Mehrin, Mathiopoulos oder jetzt Schavan. Wenn jetzt aus den Reihen der Union von einer Kampagne gegen eine verdiente Ministerin gesprochen wird, so ist das ebenso ein Reflex wie Rücktrittsforderungen aus der Opposition, sobald ein Amtsträger auch nur den Hauch einer Angriffsfläche bietet. Auch die Forderung nach einem unabhängigen Gutachter weist in die falsche Richtung. An der Uni Düsseldorf werden Promotionsarbeiten - auch lange nach Abgabe der Arbeit - nach einem bestimmten Verfahren geprüft. Auch wenn das Verfahren mit neun Monaten ungewöhnlich lange gedauert hat, wenn auch Zwischenergebnisse an die Öffentlichkeit gelangt sind, ändert das doch nichts an den Vorwürfen: Die Arbeit von Annette Schavan enthält gravierende Mängel, die nicht folgenlos bleiben. Einen weiteren Fehler kann Annette Schavan vermeiden, indem sie möglichst schnell ihren Ministersessel räumt. Kanzlerin Angela Merkel stellt sich zwar hinter ihre Vertraute, weiß aber genau, dass diese Plagiatsaffäre in Wahlkampfzeiten zu einer Belastung werden kann. Vor zwei Jahren war es Schavan, die in Guttenbergs Plagiatsaffäre die Messlatte hochlegte. Erst recht als Bildungsministerin müssen für sie diese Maßstäbe nun ebenso gelten. Es geht ja auch um ihre Integrität.

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Andreas Kolesch
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