Pressemitteilung

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Länderfinanzausgleich

2013-02-05T20:15:00

Bielefeld (ots) -

Drei Länder zahlen, 13 andere kassieren: Man muss kein Kenner des komplizierten Finanzausgleichs sein, um zu ahnen, dass ein solches Missverhältnis zwischen Gebern und Nehmern für Ärger sorgt. Der Streit um den Länderfinanzausgleich ist fast so alt wie das System selbst - nur die Rollenverteilung wechselt. Lange Jahre hat Bayern als Nehmerland von den Transferzahlungen profitiert. Das aber hält den Freistaat nun nicht davon ab, mit den Hessen eine Verfassungsklage anzustrengen. Ihre Argumentation ist einfach: Das System setze die falschen Akzente, weil es sich nicht lohne, vom Nehmer- zum Geberland zu werden. Einfach ist auch die Prognose: Schnell ändern wird sich daran nichts - allein schon deshalb, weil die Karlsruher Richter nicht vor 2014 entscheiden werden. Und weiter: Der Vorstoß ist richtig, kommt aber zur falschen Zeit. An der Reformbedürftigkeit des Länderfinanzausgleichs kann es keinen Zweifel geben. Schon 1999 hat das Verfassungsgericht geurteilt, dass es stärkerer Leistungsanreize bedarf. Die 2005 in Kraft gesetzten Veränderungen haben jedoch kaum die gewünschte Wirkung erzielt. Gleichwohl stehen Bayern und Hessen im Verdacht, wahltaktische Winkelzüge zu betreiben. Richtig ist, dass beide schwarz-gelben Koalitionen im Herbst wiedergewählt werden wollen. Da macht sich der Kampf für die Interessen des eigenen Wahlvolkes natürlich gut. Das wiederum erklärt, warum Baden-Württemberg als drittes Geberland nicht mitklagt. Hier regiert Grün-Rot, und eine lagerübergreifende Verfassungsklage wollten die Parteien den Bürgern im Superwahljahr wohl besser nicht zumuten. Trotzdem greift es zu kurz, nur parteipolitische Scharmützel zu vermuten. Zwar wird, wer den Föderalismus ernsthaft will, auch künftig um Ausgleichszahlungen nicht herumkommen. Zugleich wird kein Mechanismus alle Härte ausschließen können. Doch kann das die Frage nach einer gerechten Verteilung der Lasten nicht hinreichend beantworten. So bleibt zum Beispiel die Frage, warum Berlin als das Hauptnehmerland kostenlose Kitaplätze bietet, wohingegen viele hessische Eltern für die Kinderbetreuung zahlen müssen. Solidarität wird es langfristig ohne Solidität und Eigenverantwortung kaum geben können. Was für die Euro-Zone gilt, gilt für die deutschen Bundesländer nicht minder. Eine Lösung muss also her. Helfen könnte dabei trotz mancher verbaler Kraftmeierei der Ministerpräsidentin der Hinweis aus NRW, doch bitte gefälligst alle Transfersysteme in Augenschein zu nehmen. Mit Blick auf das Auslaufen des Solidarpakts II im Jahr 2019 müssen die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen ohnehin neu geregelt werden. Das ist der richtige Zeitpunkt für einen neuen Länderfinanzausgleich. Tragfähig dürfte der jedoch nur werden, wenn er von einer ganz großen Koalition erarbeitet wird. Die Weichen dafür müssen nach der Bundestagswahl gestellt werden.

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