Pressemitteilung

Kinder-Marketing: Nestlé verstößt gegen eigene Unternehmensgrundsätze / Grundschulprogramme und Kinder-Werbung für überzuckerte Snacks / Offener Brief an Nestlé-Deutschland-Chef Gerhard Berssenbrügge

2012-04-18T13:00:02

Berlin (ots) -

Nestlé verstößt gegen seine selbst auferlegten Grundsätze zur Beschränkung von Werbung an Kinder und zur Herstellung gesunder Nahrungsmittel. Entgegen seiner offiziellen Unternehmensziele vermarktet der größte Lebensmittelkonzern der Welt vor allem Süßigkeiten und überzuckerte Frühstücksflocken an Kinder unter 12 Jahren und ist mit vielen verkappten Marketingprogrammen in Grundschulen präsent.

Anlässlich des Nestlé-Zukunftsforums am 19. April 2012 in Berlin forderte die Verbraucherorganisation foodwatch Nestlé-Deutschland-Chef Gerhard Berssenbrügge in einem Offenen Brief auf, die eigenen Grundsätze endlich in die Tat umzusetzen: "Bieten Sie Kindern tatsächlich 'gesündere Nahrungsmittel- und Getränkeoptionen' an", schrieben foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode und Campaignerin Anne Markwardt in Anspielung auf Nestlés Zielsetzung. "Beenden Sie jegliches Kindermarketing für Eiscreme, überzuckerte Frühstücksflocken und andere unausgewogene Produkte. Ziehen Sie sich aus den Schulen zurück und stellen Sie Ihre so genannten 'Bildungsinitiativen' ein. Leisten Sie einen Beitrag dazu, dass Schulen PR- und werbefreie Räume werden." Nestlé solle das "Zukunftsforum" mit geladenen Gästen dazu nutzen, die Probleme der Kinderernährung zu thematisieren und sich zur eigenen Verantwortung zu bekennen.

foodwatch hat Nestlés Portfolio bei Kinderlebensmitteln und die Marketingaktivitäten für diese Produkte analysiert. Teilweise verstößt der Konzern ganz offen gegen die postulierten Grundsätze, teilweise umgeht er sie durch willkürliche Ausnahmereglungen:

Versprochen - gebrochen I: Unausgewogene Kinder-Produkte statt "gesündere Optionen"

   - Versprochen: Nestlé verpflichtet sich dem "Ziel", "Tag für Tag 
     (...) gesündere Nahrungsmittel und Getränkeoptionen bieten" zu 
     wollen.
   - Gebrochen: Tatsächlich sind 50 Prozent der Produkte, die Nestlé 
     Deutschland gezielt an Kinder vermarktet oder als Kinderprodukte
     bewirbt, süße und unausgewogene Snacks. In der 
     Ernährungspyramide des vom Bundesernährungsministerium 
     geförderten aid-Infodienstes liegen sie im "roten" Bereich an 
     der Pyramidenspitze und sollten nur selten und in kleinen Mengen
     verzehrt werden. Bei Frühstücksflocken, die grundsätzlich ein 
     ausgewogenes Frühstück darstellen könnten, fallen sogar alle 
     gezielt an Kinder vermarkteten Nestlé-Produkte aufgrund ihres 
     hohen Zuckeranteils zwischen 30,4 und 36,9 Prozent in den 
     "roten" Bereich.

Versprochen - gebrochen II: Marketing an Kinder statt ernstgemeinter Selbstbeschränkung

   - Versprochen: Nestlé schreibt: "Für die Werbung und anderen 
     Marketingaktivitäten gegenüber Kindern gelten strenge Auflagen. 
     Nestlé verzichtet auf jegliche direkte Werbung gegenüber Kindern
     unter sechs Jahren. Gegenüber Kindern zwischen sechs und zwölf 
     Jahren dürfen nur solche Produkte beworben werden, die für die 
     Ernährung dieser Altersgruppe geeignet sind und eine positive 
     Rolle in einer ausgewogenen Ernährung dieser Altersgruppe 
     spielen können. Die entsprechenden Produkte werden einer 
     Überprüfung anhand ernährungswissenschaftlicher Vorgaben 
     unterworfen."
   - Gebrochen: Nestlé-Frühstücksflocken für Kinder (CiniMinis, 
     Cookie Crisp etc.) enthalten allesamt mehr als 30 Prozent Zucker
     - sie sind kein ausgewogenes Frühstück, sondern Süßigkeiten. 
     Dennoch wirbt Nestlé für diese Produkte mit TV-Spots, die 
     eindeutig Kinder unter 12 Jahren ansprechen und ködert die 
     Kleinen auch im Netz. Auf der Internetseite der Kindersendung 
     Toggo (Super RTL, Zielgruppe 7- bis 13-Jährige) zum Beispiel mit
     CiniMini-Spielen und Gewinnaktionen. Zudem ist "Marketing" mehr 
     als nur klassische Werbung in Fernsehen oder Zeitungen - nur 
     darauf bezieht Nestlé jedoch die Selbstbeschränkung auch für 
     klassische Süßigkeiten: Verpackungsgestaltung und 
     Promotion-Aktionen an den Verkaufsstellen etwa für 
     Schöller-Eiscreme oder Smarties sprechen gezielt junge Kinder 
     an.

Versprochen - gebrochen III: Junkfood-Propaganda statt Gesundheitsförderung

   - Versprochen: "Wir verpflichten uns zu einer verantwortungsvollen
     (...) Kommunikation, die (...) eine gesündere Ernährung 
     fördert", heißt es in den Nestlé-Grundsätzen.
   - Gebrochen: Mit Spielzeugbeigaben wie "Hot Wheels"-Spielzeugautos
     und Prämien für Sammelpunkte schafft Nestlé besondere Anreize 
     zum Kauf überzuckerter Frühstücksflocken, bei Kindern beliebte 
     Comicfiguren (Donald Duck, Hello Kitty) locken als Werbefiguren 
     für Schöller-Eis. Mit dieser Ansprache fördert Nestlé den Absatz
     von Süßigkeiten - aber keine "gesündere Ernährung".

Versprochen - gebrochen IV: Grundschul-Programme statt Privatsphäre

   - Versprochen: "Wir wahren (...) die Privatsphäre der 
     Konsumenten", gibt Nestlé an - und propagiert den Verzicht auf 
     Markenkommunikation in Grundschulen mit Ausnahmen für Produkte, 
     die bestimmten Nährwert-Profilen entsprechen.
   - Gebrochen: Mit Wettbewerben wie "Unsere Klasse is(s)t klasse" 
     oder Bildungsinitiativen wie "Frühstückszeit - Lesezeit" ist 
     Nestlé auch in Grundschulen präsent. Dabei vermeidet der Konzern
     zwar direktes Produktmarketing, betreibt aber indirekt Werbung 
     für die Marke  Nestlé und sein im Segment der Kinderlebensmittel
     wenig ausgewogenes Portfolio.

Links:

   - Offener Brief von foodwatch an Nestlé-Deutschland-Chef Gerhard 
     Berssenbrügge: http://bit.ly/J0WFsA
   - Mehr Informationen zum Thema: http://bit.ly/IXRbB4

Redaktioneller Hinweis:

   - Nestlé-Unternehmensgrundsätze (Quelle der zitierten Passagen):

http://bit.ly/IxoLJA und http://bit.ly/JfaqmX

Pressekontakt:

foodwatch e.V.
Martin Rücker
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 23
Fax: +49 (0)30 / 24 04 76 - 26

Permalink:


https://www.presseportal.de/pm/50496/2236701


Weiterführende Informationen

http://www.foodwatch.de/


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