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Flüchtlingshelfer Zielscheibe von Rechtsextremen
"Report Mainz" heute, 15.9.2015, 21.45 Uhr im Ersten

Flüchtlingshelfer Zielscheibe von Rechtsextremen / "Report Mainz" heute, 15.9.2015, 21.45 Uhr im Ersten
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Mainz (ots)

Wer sich in Deutschland für Flüchtlinge engagiert, wird häufig von Rechten bedroht. Das geht aus Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" hervor. Seit Januar 2015 gab es insgesamt 168 Vorfälle. Das bedeutet: Mindestens jeden zweiten Tag kommt es bundesweit zu Vorkommnissen und Bedrohungen von Menschen, die sich für Flüchtlinge engagieren. Mit diesem Hass sind sowohl Politiker, Verwaltungsmitarbeiter, haupt- oder ehrenamtliche Helfer, Polizisten, Journalisten bis hin zu Wachleuten konfrontiert. Es gab diverse Brandanschläge auf Autos, Radmuttern wurden gelöst, aggressive Demonstrationen vor Privathäusern von Politikern, etliche Morddrohungen, Schmierereien an Wohnhäusern und fiktive Todesanzeigen. Außerdem wurde auf ein Parteibüro geschossen und eine Scheune in Brand gesetzt.

Auffällig ist, dass in diesem Jahr die Anzahl der Bedrohungen extrem steigen. Während es in den ersten beiden Monaten 2015 zu 12 Vorfällen kam, wurden für Juli und August 54 Vorfälle gezählt. Insgesamt hat "Report Mainz" 85 Vorfälle im Osten und 83 Vorfälle im Westen dokumentiert.

Ausgewertet wurden diverse verfügbare Quellen: Zeitungen, Fernsehen, Hörfunk, Pressemitteilungen der Polizei, Schilderungen von Opferinitiativen sowie Internetseiten von Bürgerinitiativen, die sich für Flüchtlinge engagieren. Bei den aufgelisteten Vorfällen ist nicht immer ein Bezug zum Engagement für Flüchtlinge direkt nachweisbar, aber aus den Kontext-Recherchen von "Report Mainz" sehr wahrscheinlich.

In die Gesamtzahl der Vorfälle ist auch eine Umfrage von "Report Mainz" unter kreisfreien Städten und Landkreisen eingeflossen. Dabei war den Kommunen zugesichert worden, ihre Angaben vertraulich zu behandeln. Wesentliches Ergebnis dieser Umfrage: 35 Personen wurden 2015 bedroht. Dazu gehören Bürgermeister, Landräte, Verwaltungsmitarbeiter, ehrenamtliche Helfer. Sie werden bedroht per Telefon, mit Mails und Briefen sowie Posts bei Facebook.

Politikwissenschaftler Samuel Salzborn von der Universität Göttingen bestätigte gegenüber "Report Mainz" die eindeutige Tendenz: "Es gibt fraglos ein Klima der Angst und Bedrohung in der Bunderepublik für die Menschen, die sich für Flüchtlinge einsetzen. Dieses Klima verschärft sich auch in den letzen Monaten. Auffallend an der gesamten Übersicht ist, dass die Hemmschwellen der Gewalt deutlich gesunken sind. Es werden hier alle Pfeiler der bundesdeutschen Gesellschaft angegriffen, ganz gleich welcher politischen Couleur, ganz gleich welchen Berufstandes. Es ist ein offener Kampf gegen die Demokratie und nicht nur gegen einzelne Repräsentanten."

"Report Mainz" hat drei Opfer rechter Bedrohungen besucht. In Güstrow/Mecklenburg-Vorpommern hat Karen Larisch, Stadtvertreterin (Die Linke) und ehrenamtliche Flüchtlingshelferin, seit Anfang des Jahres bereits 20 Mal Anzeige erstattet. Mehrfach wurde sie körperlich bedroht, im Internet finden sich Aufrufe zu ihrer Ermordung. In Euskirchen/NRW hat Rechtsanwalt Heinrich Schmitz aus Angst vor rechtem Hass kapituliert und wird keine politischen Kolumnen gegen Rechts mehr verfassen. In Tröglitz/Sachsen-Anhalt wird der ehemalige Bürgermeister, Markus Nierth, trotz seines Rücktritts immer noch angefeindet. Seine Frau vermeidet, alleine durch den Ort zu gehen und spricht von "offenem Hass" der Familie gegenüber.

Weitere Informationen unter www.reportmainz.de. Zitate gegen Quellenangabe "Report Mainz" frei. Pressekontakt: "Report Mainz", Tel. 06131/929-33351.

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