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Amnesty International

ai zum Rüstungsexportbericht 1999 der Bundesregierung: Menschenrechte im Hintertreffen

Berlin (ots)

Erster Schritt zu mehr Transparenz / Genehmigungen von
Elektroschockwaffen, Fesselwerkzeugen und "dual use-Gütern" bleiben
im Dunkeln / Besorgniserregende Praxis bei Kleinwaffen und Munition /
Weiterhin Exporte in Länder mit bedenklicher Menschenrechtssituation
/ amnesty international fordert Nachbesserungen
Der Sprecher des Arbeitskreises "Rüstung und Menschenrechte" der
deutschen Sektion von amnesty international (ai), Dr. Mathias John,
begrüßt den gestern verabschiedeten ersten Rüstungsexportbericht  der
Bundesregierung als lange erwarteten ersten Schritt zu mehr
Transparenz. "Dieser Wirtschaftsbereich hat häufig massive negative
Auswirkungen auf die Menschenrechte und wird vielleicht auch deshalb
üblicherweise bewusst im Dunkeln gehalten. Allerdings bringt der mit
120 Seiten sehr umfassende Bericht nicht automatisch die erhoffte
umfassende Transparenz, auch wenn Wirtschaftsminister Müller diese
als "nie dagewesen" hervorhebt."
Aus Sicht von amnesty international wichtige Bereiche werden
ausgeklammert, so die Genehmigungen für Elektroschockwaffen und
Fesselwerkzeuge, aber auch der weit größere Komplex der sowohl
militärisch als auch zivil nutzbaren Güter, der sogenannten "dual
use-Güter". "Dabei wäre es gerade bei diesen Rüstungstransfers
wichtig zu erfahren, inwieweit die Bundesregierung die Menschenrechte
als Genehmigungskriterium verwendet." so Dr. Mathias John.
Die Menschenrechtsorganisation ist beunruhigt, dass die Lieferung
von Kleinwaffen und / oder Munition für eine Anzahl von sogenannten
"Drittstaaten" genehmigt wurde, in denen eine unbefriedigende
Menschenrechtssituation oder innere Konflikte bestehen - so u.a.
Ägypten, Georgien, Nepal, Philippinen, Sambia, Senegal. Dabei ist
nicht transparent, ob es sich um militärische Kleinwaffen oder
Sportwaffen handelt. Auch die Empfänger der Waffen werden nicht
aufgelistet. "Das ist besonders bedenklich, weil gerade Kleinwaffen
und Munition schon in geringen Mengen zur Eskalation von Konflikten
und zu Menschenrechtsverletzungen beitragen können." kritisiert Dr.
Mathias John.
In den Jahresberichten 1999 und 2000 hat ai beispielsweise über
unverhältnismäßige und übermäßige Gewaltanwendung durch die Polizei
gegen Demonstranten und Misshandlungen im Polizeigewahrsam in Chile
berichtet. Angesichts dieser Situation ist die Genehmigung der
Lieferung von Reizstoffpatronen nach Chile aus Sicht der
Menschenrechte nicht nachvollziehbar.
"Mit großer Sorge stellen wir auch fest, dass die andauernd
unzureichende Menschenrechtssituation in der Türkei - immerhin der
größte Einzelempfänger deutscher Rüstungstransfers im Jahr 1999 -
offensichtlich in keinem Fall Grund für eine Ablehnung für einen
Rüstungsexport gewesen ist. Dabei wurden unter anderem offenbar auch
Kleinwaffen und Munition genehmigt." erklärt Dr. Mathias John. "Dies
steht allerdings in einer Linie der durch die Presseerklärung des
Wirtschaftsministeriums verbreiteten beunruhigenden Interpretation
der neuen Politischen Grundsätze zum Rüstungsexport, dass die Exporte
in "EU-, NATO- und gleichgestellte Staaten ... grundsätzlich nicht
mehr zu beschränken sind". Damit erklärt sich auch die kürzlich
erfolgte skandalöse Genehmigung für die Errichtung einer
Munitionsfabrik in der Türkei."
amnesty international fordert deshalb die Bundesregierung
eindringlich auf, den Rüstungsexportbericht nachzubessern. "Eine
Veröffentlichung der Genehmigungspraxis bei Elektroschockwaffen,
Fesselwerkzeugen sowie bei "dual use"-Gütern ist unabdingbar. Eine
wirkliche Transparenz muss außerdem vor einer Genehmigung Ross und
Reiter nennen und zumindest eine parlamentarische Kontrolle vor einer
Entscheidung gewährleisten. Der dauernde Verweis auf die Wahrung von
Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen führt zur Verschleierung von
Rüstungsexporten und zu einer Schieflage bei der Wichtung von
Rechtsgütern, welche die Menschenrechte in die zweite Reihe stellt.
Das muss berichtigt werden!"
Außerdem erinnert die Menschenrechtsorganisation an ihre Forderung
nach einer Veränderung der Genehmigungpraxis an sich - gerade bei der
Lieferung und Produktion von Kleinwaffen und Munition, sowohl für EU-
und NATO-Staaten wie auch für Drittländer. "Insgesamt spricht die
Erteilung von Genehmigungen für Rüstungstransfers für fast 100
sogenannte Drittländer nicht für die immer wieder von der
Bundesregierung hervorgehobene "restriktive Rüstungsexportpolitik"."
erklärt Dr. Mathias John. "Der Rüstungsexportbericht verdeutlicht
erneut, dass immer wieder der politische Wille fehlt, Rüstungsexporte
unter das Primat des präventiven Menschenrechtsschutzes zu stellen.
Dieses muss folgerichtig - wie es amnesty international schon seit 20
Jahren fordert - endlich gesetzlich geregelt werden: Allein durch
eine gesetzliche Menschenrechtsklausel und rechtliche Vorschriften
für mehr Transparenz vor der Genehmigung von Waffenlieferungen kann
die so notwendige bessere Kontrolle im Sinne einer Prävention von
Menschenrechtsverletzungen erreicht werden."
Wenn Sie Rückfragen oder Interviewwünsche haben, bitte wenden Sie
sich an:
amnesty international 
Pressestelle 
Tel. + 49 - (0)228 - 98373-36 / - 0
Fax: + 49 - (0)228 - 630036
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