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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT(Bielefeld) zur Papstreise im Nahen Osten

Bielefeld (ots)

»Gott sei Dank, er ist weg.« Mit einem
Augenzwinkern hat David Witzthum, der Claus Kleber (»Heute-Journal«) 
des israelischen Fernsehens, das Ende des Papst-Besuchs kommentiert.
Israel ist in zweifacher Hinsicht erleichtert. Die Pilgerreise ist in
Sachen Sicherheit glatt gelaufen. Und Benedikt XVI. hat am Freitag 
auf dem Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv unmittelbar vor seinem 
Abflug das nachgeholt, was er am Montag in der Holocaust-Gedenkstätte
Jad Vaschem versäumte. Den Mord an sechs Millionen Juden hat er 
nachträglich eine »brutale Ausrottung« genannt, die als schreckliches
Kapitel in der Geschichte weder geleugnet noch vergessen werden 
dürfe. Außerdem hat das Oberhaupt der Katholischen Kirche die Schuld 
Nazi-Deutschlands betont - und damit für einen versöhnlichen 
Abschluss seiner Tage im Heiligen Land gesorgt. Die Worte, die Israel
erwartet hatte, kamen sehr spät, aber eben nicht zu spät.
Wäre der Vatikan eine katholische Werbeagentur und Benedikt XVI. ein 
Medienpapst wie sein Vorgänger, hätte man in diesen aufgeregten 
Zeiten auf die Reise ins mit politischen und religiösen Minen 
gepflasterte Heilige Land entweder verzichtet oder eine PR-Kampagne 
inszeniert. Beides kam nicht in Betracht, weil im Kirchenstaat nicht 
primär in weltlichen Kategorien gedacht wird - und die Zeit drängte, 
denn der Heilige Vater ist 82 Jahre alt.
Vereinzelt bleiben kritische Stimmen, doch das Gesamtbild des Besuchs
ist positiv. Im Spannungsfeld des israelisch-palästinensischen 
Konflikts hat der Papst wenig falsch gemacht. Im Nahen Osten 
reagieren die Menschen zuweilen reflexartig in ihrem 
Freund-Feind-Denken. Weil die Palästinenser mit dem Auftritt 
Benedikts in Bethlehem sehr zufrieden sind, meinen die Israelis 
ihrerseits, der Papst sei zu wenig auf ihre Belange eingegangen. 
Ausgewogen zu urteilen, ist in diesem Teil der Welt kaum möglich.
Der Heilige Vater muss im Heiligen Land präsent sein, das ist er den 
hier immer weniger werdenden Christen schuldig. Sein Bemühen um eine 
Interessen-Balance dient dem friedlichen Zusammenleben im 
Westjordanland. Um den arabischen Christen ihre Existenz in der 
großen und immer weiter wachsenden muslimischen Mehrheit nicht noch 
schwerer zu machen, hat sich der Papst vom muslimischen 
Palästinenser-Präsidenten Abbas für dessen Zwecke ein Stück weit 
benutzen lassen. Deutlich hat der Pontifex die Zwei-Staaten-Lösung 
gefordert, damit Israelis und Palästinenser in Zukunft friedlich 
nebeneinander leben könnten. »Lasst die Zwei-Staaten-Lösung Realität 
werden und nicht einen Traum bleiben.« Selten zuvor hat der Ausdruck 
»Frommer Wunsch« besser gepasst, denn nichts scheint aktuell 
unwahrscheinlicher als ein Staat für die Palästinenser.
Dieses Problem zu lösen, kann nicht Aufgabe des Papstes sein. Für 
seine brisante Pilgerreise verdient er vielmehr Respekt.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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