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Neue Westfälische (Bielefeld): Der Mörder von Berlin ist tot Erleichtert - und betroffen! Thomas Seim

Bielefeld (ots)

Die Nachricht kommt aus Italien - und alle, die sie erreicht, reagieren ähnlich: Wir sind erleichtert, dass der Mörder von Berlin, der zwölf Menschenleben auf dem Gewissen hat, der außerdem viele Unschuldige zum Teil gefährlich, auch dauerhaft verletzt hat, niemandem mehr gefährlich werden kann. Es gibt kein Mitleid für einen Killer, kein Verständnis für diesen skrupellosen Verbrecher, keine Erklärungen dafür, dass jemand ausschließlich darauf aus war, anderen zu schaden, ihnen Schmerzen zu bereiten, sie zu töten. Dann erinnert man sich noch einmal an das Bild des Vaters, dem ein Arm fehlt, der in einer ärmlichen Hütte in Tunesien mit seiner Frau leben muss, und niemandem - auch nicht sich selbst - erklären kann, was den Sohn angetrieben hat. Und doch trauert er. Wie jeder Vater trauert, wenn er sein Kind verliert. Der Tod des Killers muss uns auch betroffen machen. Die Tatsache, dass wir über den Tod eines Menschen am Tag vor Weihnachten "erleichtert" sind - muss uns betroffen machen. Wollen wir wirklich "froh" sein, dass jemand tot ist? Unsere Sicherheit, besser unsere gefühlte Sicherheit wäre auch anders zu garantieren gewesen. Mehr noch: Die Festnahme Anis Amris, so heißt der tote Attentäter, hätte zu vielen wichtigen und neuen Erkenntnissen über die Organisationsstruktur und die Rekrutierungsmaßnahmen des Islamischen Staates (IS) im Blick auf weitere Selbstmordattentate führen können. Mit diesen Erkenntnissen wären womöglich wirkungsvollere Fahndungen und Zugriffe der Einsatzkommandos in Deutschland und anderen europäischen Ländern zu organisieren gewesen. Nun, es ist anders gekommen und immerhin ist das Gefühl von Sicherheit seit gestern Morgen wieder etwas größer geworden. So richtig gute Gründe für dieses neue Sicherheitsgefühl gibt es allerdings kaum. Denn auch nach dem Tod des Mörders bleiben noch viele Fragen an unsere Sicherheitsarchitektur. Wieso konnte der Mann nach seiner verheerenden Tat überhaupt entkommen? Wieso konnte er in der Nacht nach der Tat noch in Berlin sein, ohne entdeckt zu werden? Wieso konnte er erneut durch halb Europa reisen, bevor er in Mailand gestellt wurde? Hatten Zielfahnder ihn im Auge oder war es ein zufälliger Zugriff der italienischen Polizei? Schließlich: War Amri tatsächlich ein Einzeltäter oder hatte er Helfer, die nun genauer geprüft und zur Verantwortung gezogen werden müssen? Oder gibt es gar eine organisierte Terror-Struktur des IS bei uns? Unsere Sicherheitsbehörden täten gut daran, möglichst schnell möglichst viele richtige Antworten auf diese Fragen zu finden, damit sie die Politik in die Lage versetzen, dort per Gesetz und in den Organisationsstrukturen unserer Polizei in Bund und Ländern nachzubessern, wo durch die Berliner Vorgänge Defizite offenbar geworden sind. Wir dürfen - ähnlich wie im Kampf gegen den RAF-Terror in den 1970er-Jahren - keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass wir dem Terror und den Verbrechen keine Chance geben. Alt-Kanzler Helmut Schmidt (SPD) hat den Verbrechern damals zugerufen, sie hätten keine Chance, denn: "Gegen den Terrorismus steht nicht nur der Wille der staatlichen Organe, gegen Terrorismus steht der Wille des gesamten Volkes". So ist es! Der Mörder von Berlin ist tot. Wir sind erleichtert, nicht froh. Und betroffen. Ich wünsche Ihnen friedliche Weihnachten.

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