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Mittelbayerische Zeitung: Schwierige Annäherung
Minister Gabriel hat seinem türkischen Amtskollegen zu Recht klar gemacht, dass Nazi-Vergleiche nicht akzeptabel sind.

Regensburg (ots)

Die Zunge in deinem Munde halte gefangen, sagt ein türkisches Sprichwort. Doch türkische Minister und ihr nach Allmacht strebender Präsident Recep Tayyip Erdogan scheinen, nicht viel von derlei Weisheiten zu halten. Wie entfesselt wird gegen Deutschland, gegen Behörden und Regierung vom Leder gezogen. Nur weil türkischen Regierungsmitgliedern in dem einen oder anderen Fall ein Auftritt vor Landsleuten in Deutschland untersagt wurde. Mit unsäglichen Nazi-Vegleichen jedoch haben Erdogan und einige Minister die Grenzen dessen, was an Kritik gerade noch zumutbar ist, eindeutig überschritten. Außenminister Sigmar Gabriel hat seinem türkischen Amtskollegen deshalb gestern Morgen zu Recht klar gemacht, dass Nazi-Vergleiche auf keinen Fall akzeptabel sind. Sie sind nicht nur historisch völlig falsch, sondern vergiften das Verhältnis der beiden Länder zueinander. Weitere derartige Entgleisungen darf es nicht geben, hat Gabriel zu Recht unmissverständlich erklärt. Man wird Äußerungen aus Ankara daran messen, egal ob sie in der Türkei oder in Deutschland gemacht werden. Der neue deutsche Chefdiplomat und frühere Wirtschaftsminister ist erst wenige Wochen im Amt. Angesichts der zuletzt dramatisch zunehmenden Spannungen zwischen Berlin und Ankara wird er sogleich als Krisenmanager gefordert. Gabriel steht vor der schwierigen Aufgabe, eine Wieder-Annäherung hinzubekommen. Einerseits musste er den nicht hinzunehmenden Ausfällen von türkischen Spitzenpolitikern ein unmissverständliches Stoppzeichen entgegen setzen: So geht es nicht weiter! Andererseits jedoch darf er es Ankara nicht mir gleicher Münze heimzahlen. Gabriel darf den zum Zerreißen gespannten Gesprächsfaden zur türkischen Regierung nicht kappen. Der deutsche Außenminister bewegt sich dabei auf einem schmalen Grat. Eine Beschwichtigung nach den unsäglichen Nazi-Vergleichen wäre genau so falsch wie Öl ins Feuer zu gießen. Wie weit Gabriel und und sein Amtskollege Mevlüt Cavusoglu auch nach dem morgendlichen Gespräch immer noch auseinander sind, zeigt schon, dass es nicht einmal zu einer gemeinsamen Pressekonferenz kam. Sonst eigentlich eine diplomatische Selbstverständlichkeit. In der Haltung zum türkischen Verfassungsreferendum am 16. April, dass auf ein Präsidialsystem Erdogans abzielt, liegen Berlin und Ankara ohnehin völlig über Kreuz. Erdogan ist dabei, seine Macht extrem auszudehnen und dabei gleichzeitig demokratische Rechte, etwa die Presse- und Meinungsfreiheit, extrem zu beschneiden. Deutschland erwartet von einem EU-Beitrittskandidaten genau das Gegenteil, nämlich den Ausbau von Demokratie, Bürgerrechten und Rechtsstaatlichkeit. Vor allem der Fall des türkisch-deutschen Journalisten Deniz Yücel wird immer mehr zum Belastungstest für das Verhältnis beider Länder. Dass Erdogan ihm öffentlich vorwarf, Terrorist und Spion zu sein, ist absurd. Und dass die türkische Justiz gegen den Journalisten der Zeitung "Die Welt" allen Ernstes wegen Terrorpropaganda und Volksverhetzung ermittelt, ist nicht hinnehmbar. Yücel drohen nun bis zu fünf Jahre Untersuchungshaft, ehe es möglicherweise zu einem Prozess kommt. Das zeigt nur, die türkische Regierung hat die Justiz bereits zu ihrem Büttel gemacht. Gleichwohl muss, trotz aller berechtigter Kritik an Ankara, wieder ein halbwegs normales Verhältnis zwischen beiden Staaten - und zur gesamten EU - hergestellt werden. Und dies nicht nur weil die Türkei ein wichtiger Bündnispartner an der Südostflanke der Nato und bei der Flüchtlingskrise ist, sondern auch weil die Alternative Erdogans zu EU und Nato Putin wäre.

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