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Mittelbayerische Zeitung: Nichts zu gewinnen
Präsident Putin hat kein Interesse, das Morden in Syrien zu beenden: Er will Macht demonstrieren.

Regensburg (ots)

Bunkerbrechende Bomben fallen in Syrien auf Krankenhäuser. Kinder sterben oder werden verstümmelt. Hilfskonvois geraten unter Beschuss. Neutrale Beobachter sprechen von Gräueltaten wie im Zweiten Weltkrieg. Und doch gibt es zwei Männer, die offenkundig kein Interesse daran haben, das Morden zu beenden: der syrische Präsident Baschar al-Assad und sein russischer Protektor Wladimir Putin. Assad kämpft um sein politisches und vermutlich auch sein physisches Überleben. Doch was treibt den Russen Putin dazu, die Weltgemeinschaft mit derart skrupellosen Schandtaten immer weiter gegen sich und sein Land aufzubringen, wie es gerade erst im UN-Sicherheitsrat deutlich wurde? Der erste Teil der Antwort lautet: Weil er es kann. Niemand ist in der Lage oder willens, die Russen in Syrien zu stoppen. Seit US-Präsident Barack Obama in dem Bürgerkrieg eine rote Linie gezogen hat, ohne Taten folgen zu lassen, weiß der Kreml, dass er in Syrien freie Hand hat - erst recht während Obamas "Lame-duck-Phase" vor dem Wechsel im Weißen Haus. Putin nutzt diese freie Hand, um zu töten. Warum? Der zweite und wichtigere Teil der Antwort lautet: Putin demonstriert seine Stärke so rücksichtslos um der Demonstration willen, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Seit Machiavelli gehört es zum kleinen Einmaleins der Machtpolitik, dass Herrscher, die ihren Einfluss nicht durch eigene Erfolge und den Einsatz von Zuckerbrot sichern oder ausweiten können, zur Peitsche greifen (oder eben zu Fassbomben). Die Gleichung lautet: Machterhalt und Machtausbau durch Gewaltausübung und Terror. Es ist offensichtlich, dass es der ehemaligen Supermacht Russland nach dem Niedergang ihres Sowjetimperiums nicht gelungen ist, auf der Weltbühne irgendeine Anziehungskraft zu entfalten, wie dies beispielsweise Deutschland nach der (und trotz der) im eigenen Land entfesselten Katastrophe des Weltkriegs gelungen ist. Auch China setzt keineswegs allein auf militärische Stärke, sondern ist inzwischen wirtschaftlich einer der wichtigsten "global player". Russland dagegen befindet sich im Weltmaßstab in einem scheinbar unaufhaltsamen Niedergang. Um diesen - für Männer wie Putin, aber auch für eine große Zahl der Russen - dramatischen und unerträglichen Bedeutungsverlust wettzumachen, praktiziert der Kremlchef seit Jahren das, was man im Land selbst "Großmachterei" nennt: eine autosuggestive Politik der Stärke, um die eigene Bedeutung zu beschwören. Dabei ist das Militär angesichts der sinkenden Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft inzwischen das einzig verbliebene Mittel der Wahl. Syrien ist für diese Art der Moskauer Machtdemonstration ein geradezu idealer Schauplatz (anders übrigens als die widerspenstige Ukraine). Durch das Bündnis mit Assad können sich die russischen Streitkräfte im Land und im Luftraum nahezu unbehelligt bewegen, ohne mit den Problemen konfrontiert zu sein, die eine Invasionsarmee üblicherweise hat (zum Beispiel die US-Truppen im Irak oder die Sowjetarmee nach 1979 in Afghanistan). Putins Soldaten könnten Syrien auch von heute auf morgen wieder verlassen, wenn Assad seine Macht gesichert haben sollte. Russland hat, solange sich die USA militärisch weitgehend heraushalten, im Nahen Osten wenig zu verlieren. Es hat allerdings im globalen Machtgefüge auch nichts zu gewinnen. Vielmehr ist der Kreml derzeit dabei, auch jene, die es grundsätzlich gut mit Russland meinen und Moskau noch immer für einen wichtigen Gegenpol zu Washington halten, endgültig zu verprellen. Das kann auf Dauer nicht gutgehen. Man kann deshalb nur inständig hoffen, dass spätestens nach der US-Wahl die Karten neu gemischt werden - und dass bis dahin nicht noch mehr Kinder sterben müssen.

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