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Mittelbayerische Zeitung: Geben und nehmen - Das prosperierende Bayern bleibt der Zahlmeister der Republik. Es ist höchste Zeit für eine Reform. Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Auf eines fremden Mannes Arsch ist gut durch Feuer reiten, meinte einst der deftige Reformator Martin Luther. Der Ausspruch des Wittenbergers kommt einem in den Sinn, wenn man die neuesten Zahlen des Länderfinanzausgleichs liest. Das prosperierende Bayern ist und bleibt nämlich der mit Abstand größte Zahlmeister im Finanzausgleich der Länder. Das Ländle Baden-Württemberg und Hessen folgen. Auch der Stadtstaat Hamburg gehört mit einigen Millionen Euro jährlich zu den so genannten "Geberländern". So manches "Nehmerland" kommt finanziell nur über die Runden, weil es durch die milliardenschweren Zuwendungen der Geber über Wasser gehalten wird. Die Grundidee, die hinter diesem sogenannten horizontalen Finanzausgleich zwischen den Ländern steckt, ist allerdings richtig und sinnvoll. In schlichten Worten: die Reichen geben den Armen, damit alle halbwegs auskömmlich leben können. Gegen dieses Grundprinzip, das sich in vielen Jahrzehnten föderaler Ordnung und Finanzbeziehungen bewährt hat, wird nicht einmal die bayerische Staatsregierung Einwände haben. Dem Grund nach zumindest nicht. Dem Umfang nach dagegen schon. Der Länderfinanzausgleich hat sich über die vergangenen Jahren hinweg zu einer Art Dauerverteilmechanismus entwickelt. Er sichert wirtschafts- und finanzschwachen Ländern ein kräftiges Zubrot. Die Crux dabei ist jedoch, dass dieser Mechanismus so starr und wenig zielorientiert geworden ist. Länder, die ihre Wirtschaft ankurbeln, für ausgeglichene Haushalte sorgen, werden nicht belohnt, sondern im Gegenteil für den Ausgleich zur Kasse gebeten. Ein System, das eigentlich ein allzu großes Auseinanderdriften der Bundesländer verhindern sollte, wurde zu einer Fessel, die die Entwicklung einschränkt, sogar bremst. Würde man ein solches System auf den Fußball übertragen, dann müsste der FC Bayern wohl, weil er so erfolgreich kickt, bei jedem Spiel zwei seiner besten Leute an die gegnerische Mannschaft abgeben. Völliger Unsinn! Aber genau nach diesem Prinzip funktioniert der Länderfinanzausgleich. Derzeit gibt es gewissermaßen drei Ebenen, auf denen eine Reform der vertrackten Finanzverhältnisse versucht wird. Die erste ist sozusagen grobes Geschütz: die Geberländer Bayern und Hessen haben in Karlsruhe gegen den "unsolidarischen, ungerechten und leistungsfeindlichen" (Originalton Horst Seehofer) Finanzausgleich Klage eingereicht. Ob überhaupt und wann die obersten Richter in dem verzwickten Fall einen Spruch fällen werden, ist völlig offen. Auf dem zweiten Spielfeld steht es dagegen 16:0. Ende vergangenen Jahres hatten sich alle Bundesländer auf eine Reform verständigt. Doch die sieht vor, dass der Bund jährlich rund neun Milliarden Euro an die Länder überweisen solle. Dies ist bei Lichte betrachtet eine Scheinlösung zu Lasten des "fremden Mannes" Bund. Dass Wolfgang Schäuble sowie die Koalitionsfraktionen einen solchen "Deal" keineswegs mitmachen werden, liegt auf der Hand. Denn auch auf diese Weise würde kein Bundesland zu mehr Sparsamkeit angeregt. Die dritte Ebene für die dringend notwendige Finanzreform sind die Bund-Länder-Verhandlungen. Nur auf dieser Ebene können die vielschichtigen Finanzbeziehungen neu geregelt werden. Mit in das Verhandlungspaket gehört etwa der Solidaritätszuschlag, der allein dem Bund gehört und der ab 2020 schrittweise abgeschmolzen werden soll. Er gehört längst abgeschafft. Denn in Abwandlung eines Wortes aus dem Neuen Testament: Geben ist nicht immer seliger denn Nehmen.

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