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Mittelbayerische Zeitung: Wege aus dem Stau gesucht
Unsere Infrastruktur wird seit Jahren auf Verschleiß gefahren. Dabei wäre genug Geld da - auch ohne Pkw-Maut. Leitartikel von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Langsamfahrstrecken auf Autobahnen bei großer Hitze, wie zuletzt erlebt, bröckelnde Brücken, löchrige Straßen. Das eigentlich reiche Deutschland geht nicht besonders verantwortungsvoll mit seiner Infrastruktur um. Dabei gehört die zum wichtigen Volksvermögen, wird jedoch seit Jahrzehnten, egal welche Partei den Bundesverkehrsminister stellte, auf Verschleiß gefahren. Der Bundesrechnungshof, eigentlich eine Behörde, die das Knausern zum Prinzip erhoben hat, verlangt von der Bundesregierung nun kategorisch mehr Geld für den Erhalt der bröselnden Infrastruktur. Rund ein Drittel mehr, also etwa 14 Milliarden Euro pro Jahr sollten es schon sein, die in Straßen, Schienen- und Wasserwege investiert werden müssten. Hinzu kommt der milliardenteure Ausbau der IT-Netze. Doch woher nehmen und nicht stehlen? Nun fällt aller Voraussicht nach auch noch die Dobrindtsche Pkw-Maut als eine, wenn auch äußerst kleine Geldquelle, aus. Zumindest liegt sie erst einmal auf Eis, weil Brüssel die "Ausländermaut" für diskriminierend hält. Ausgang vor dem Europäischen Gerichtshof ungewiss. Dobrindt kontert die Kritik der Rechnungshofbeamten mit dem Hinweis, dass er ja ohnehin einen "Investitions-Hochlauf" gestartet habe. Richtig daran ist, dass vor allem die Lkw-Maut, die auf alle vierspurigen Bundesstraßen ausgedehnt wird, dem Bund etwa weitere zwei Milliarden Euro pro Jahr in die Kassen spülen wird. Freilich wird auch das angesichts des riesigen Nachholbedarfs nicht ausreichen. Es war Dobrindts Vorgänger im Verkehrsressort, Peter Ramsauer, der nach über zwei Jahrzehnten des zweifellos notwendigen Aufbaus Ost den "Erhalt West" forcierte und damit einen Trend umzukehren begann. In den neuen Ländern hat der Bund wichtige Straßen- und Bahntrassen erneuert oder völlig neu aus dem Boden gestampft. Einige davon sind im dünn besiedelten Osten vielleicht nicht ganz so wichtig gewesen. Gebaut wurden sie trotzdem. Der Kanzler der Einheit, Helmut Kohl, hatte schließlich sein Wort gegeben. Und an einigen Jahrhundertprojekten, etwa der ICE-Trasse München-Nürnberg-Berlin, wird immer noch gebaut. Gleichzeitig kommen regional wichtige Linien, siehe das Trauerspiel um die Elektrifizierung der Strecke Hof-Regensburg oder einer schnellen Verbindung nach Prag, nicht voran. Dobrindt muss den Vorsatz seines Vorgängers, Erhalt vor Neubau, ernst nehmen. Die wichtigste Weichenstellung dafür bietet der Verkehrswegeplan, an dem jetzt mit Hochdruck gearbeitet wird. Was technisch klingt, ist im Grunde die Agenda für alle wichtigen Verkehrsbauten der nächsten Jahre. Was hier nicht drin steht, hat kaum Chancen, realisiert zu werden. Entsprechend groß ist das Antragsgedränge. Der Freistaat ist mit den meisten Projekten dabei. Aber zurzeit läuft das große Geschacher: welches Projekt erfüllt das Kriterium der Wirtschaftlichkeit, welches fällt durchs Raster. Dass der Verkehrsminister aus Oberbayern kommt, muss dabei kein Nachteil sein. Ein unlauterer Vorteil darf daraus allerdings auch nicht gezogen werden. Aber woher kommt das Geld? Sigmar Gabriel hat vor einem Jahr, das Gejammer über mickrige Zinsen von Banken, Versicherungen und Pensionsfonds im Ohr, vorgeschlagen, private Geldgeber mit ins Boot zu holen. Auch private Sparer könnten ihr Geld in Bürgerfonds anlegen, die wiederum für Investitionen in die Infrastruktur zahlen. Bereits heute lässt Dobrindt einige Autobahnen in öffentlich-privater Partnerschaft sanieren, finanziert über die Lkw-Maut. Gut daran ist, dass derartige Projekte in der Regel kostengünstig und in der vorgegebenen Zeit errichtet werden. Der "Nachteil", dass der Staat den Geldgebern eine entsprechende Rendite gewähren muss, sollte verkraftbar sein. Es ist genug Geld da. Es muss lediglich für vernünftige Projekte aktiviert werden.

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