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Mittelbayerische Zeitung: Wer erpresst hier wen?
Die Bahnstreiks nerven, aber am Recht darauf darf nicht gerüttelt werden. Auch wenn die GDL es selber tut. Leitartikel von Pascal Durain

Regensburg (ots)

Und wieder dieser Weselsky. Diese sture, schnurrbärtige Gewerkschaftsbonze. Wieder hat er das Land der pünktlichen Pendler lahm gelegt, alle Wut darüber auf sich gezogen. Er, das Enfant terrible unter den Rädelsführern im Fahrerhäuschen, gilt als Geiselnehmer eines ganzen Landes. Und dieser Claus "QUÄLselsky" war, wie die BILD am Dienstag enthüllt hat, ja schon als junger Mann ein Außenseiter... Ja, wenn der so stur ist, dann muss doch ein Schlichter her, der Frieden per Zwang beschließen kann, rufen da etliche Unionspolitiker. (Hat ja schon in der Weimarer Republik funktioniert.) Dabei taugt auch die Gegenseite für den schwarzen Peter, nur hält sich Weselskys Gegenspieler öffentlich stärker zurück: Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. Gewelltes Haar, runde Hornbrille, 65 Jahre alt, ruhig und besonnen nach außen, aber ebenso stur wie der GDL-Mann. Weber tritt öffentlich immer wieder besorgt um den "Betriebsfrieden" auf, wenn es verschiedene Abschlüsse für dieselbe Berufsgruppe gibt. Dabei ist es in großen Betrieben üblich, unterschiedliche Tarifverträge zu haben. Er selbst und die übrigen Bahn-Vorstände hatten aber kein Problem damit, sich die Erfolgsprämie zu verdoppeln, ohne ihre Jahresziele erfüllt zu haben. Aber der Rechtsanwalt aus dem Ruhrgebiet hat ja auch keinen leichten Job - vielleicht wusste Claus Weselsky das, als er den Posten 2007 ablehnte. Seit mehr als zehn Monaten sitzen Weber und Weselsky am Verhandlungstisch, ohne ein Ergebnis vorweisen zu können - außer einen Schaden in Millionenhöhe. Dafür weiß Weber die Politik auf seiner Seite, die ihm den Rücken freihält - allen voran Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und ihr Tarifeinheitsgesetz, das in seiner jetzigen Form nicht nur für Unionsurgestein und Chef-Schlichter Heiner Geißler grob verfassungswidrig ist. Und momentan sieht es dazu noch danach aus, als liefere die GDL den nötigen Zuspruch für das Gesetz. Und das wäre fatal. Die Frage ist also, wer erpresst hier wen: Eine kleine Gewerkschaft wegen ihrer Machtgelüste ein ganzes Land, oder will ein großes Unternehmen eine unliebsame Gewerkschaft einfach per Gesetz aussitzen, um später einen arbeitgeberfreundlichen Beschluss einzufahren? Klar, der ständige Ausstand nervt. Und diejenigen, die nun alle Verhältnismäßigkeiten überschritten sehen, werfen das Argument der Daseinsvorsorge in die Runde - und das ist vor allem die Regierung. Also diejenigen, die damals entschieden, die Bahn 1994 zu privatisieren und auf Wettbewerb zu trimmen. Nur deswegen gibt es immer weniger Beamte im Fahrerhaus, die jetzt den Notbetrieb fahren. Wie auch immer: Mit Weber und Weselsky ist eine Lösung nicht zu machen. Eine Einigung scheint ohne einen Vermittler unvorstellbar. Das haben GDL und Bahn aber schon einmal im Jahr 2007 versucht - mit dem damaligen Vorschlag von Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf wollte aber keine Seite leben. Daher sind die Grenzen dieses Instruments bereits bekannt. Denn schon damals ging es um einen Grundsatzkonflikt. Jetzt ist das wieder so, denn die GDL will für Lokrangierführer verhandeln, die aus ihrer Sicht eben ganz normale Lokführer sind - nur mit einer anderen Stellenbeschreibung und schlechterem Vertrag. Allerdings: Nach sieben Streiks haben alle Akteure in diesem Schauspiel eine Routine entwickelt. Und das könnte sich letztlich für alle Streikenden rächen - vor allem für die Konkurrenz von der EVG, die am Dienstag mit dem Ausstand gedroht hat. Doch ein Streik muss schmerzen, und darf nicht unwirksam werden. Forderungen, wie das Streikrecht - ein hart erkämpftes Grundrecht - zu ändern, bleiben reiner Populismus.

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