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Mittelbayerische Zeitung: Oh Mann!

Regensburg (ots)

Von Christine Strasser, MZ

Wer einen Abend mit Freunden ruinieren will, muss nur ein Wort in die Runde werfen: Frauenquote. Das war's mit dem gemütlichen Feierabendbier. Denn bei den Diskussionen, die unweigerlich folgen, schleicht sich der Gedanke, dass Frauenquote ein gutes Unwort des Jahres wäre, nicht einfach nur ein. Nein, er donnert heran wie ein Schnellzug. Bevor über den Sinn der Quote diskutiert wird, entbrennt ein Streit über persönliche Lebensentwürfe. Frauen mit Kindern beäugen die Kinderlosen kritisch. Wer Teilzeit arbeitet, fühlt sich weniger wertgeschätzt als die Kollegen mit Vollzeit. Und wirklich jeder sagt: Mein Lebensmodell ist das Beste. Ich werde aber nicht ausreichend anerkannt. Schließlich, nach der Aussage eines der männlichen Diskussionsteilnehmer, dass durch die Frauenquote eine Frau einen Job ja nur wegen ihres Geschlechts und nicht wegen ihrer Qualifikation bekomme, was ungerecht sei, ist es dann endgültig vorbei. Möglich, dass es kurz wirklich sehr laut wird. Aber dann herrscht eisiges Schweigen. Am Freitag - passend zum Weltfrauentag am Sonntag - hat der Bundestag die Frauenquote beschlossen. Nach den jahrelangen Debatten war das überfällig. Aber bevor alle eingefleischten Quotengegner nun aufschreien, sollten sie lieber ihre Herztabletten nehmen und sich eines gesagt sein lassen: Die Weltherrschaft werden die Frauen auch jetzt nicht an sich reißen. Dafür ist der Gesetzesinhalt einfach zu mickrig. Die Frauenquote ist nämlich eher ein Frauenquötchen. Ab 2016 ziehen demnach mehr Frauen in die Aufsichtsräte von rund 100 börsennotierten Unternehmen ein. Mindestens 30 Prozent des Gremiums müssen dann weiblich sein. Das soll ein Meilenstein der Gleichberechtigung sein? Dann darf man aber nicht die Gegenrechnung aufmachen: 70 Prozent der Stühle bleiben von Männern besetzt. Zu bedenken ist auch, dass die Aufsichtsräte nicht die eigentlichen Entscheider in einem Konzern sind. Sie sind Kontrolleure. Natürlich ernennen sie die Vorstände. Aber dafür braucht es erst einmal eine Mehrheit, meist sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Selbst wenn sich die Frauen einig sind - was ja nicht selbstverständlich ist: Gegen die Männer bekommen sie keine Personalie durch. Es ist in Wahrheit also ziemlich armselig, dass diese Regelung schon als Erfolg bejubelt wird. Nun zu dem oft vorgetragenen Argument, es gäbe für die Aufsichtsratsposten gar nicht genug qualifizierte Frauen mit Vorstandserfahrung, vor allem in technischen Branchen seien sie ohnehin Mangelware. Wer einen Blick in die Aufsichtsratslandschaft wirft, kann sich nur die Augen reiben. Denn diese Maßstäbe können unmöglich für alle männlichen Kandidaten gegolten haben, die in den vergangenen Jahren berufen wurden. Bei BMW sitzt ein Forstwissenschaftler im Aufsichtsrat, bei Henkel ein Astrophysiker. Und welche Konzernerfahrung bringt beispielsweise der designierte Bahn-Vorstand Ronald Pofalla mit? Gut möglich, dass sie alle trotzdem einen guten Job machen. Aber warum soll das für Frauen mit einer ähnlichen Vita denn nicht möglich sein? Sämtliche Selbstverpflichtungserklärungen haben keine Veränderung bewirkt. Insofern ist die gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsratsposten ein richtiger Schritt, wenn auch ein winziger. Damit Frauen im Arbeitsleben durchstarten können, müssen sie aber darüber hinaus in die Vorstände - gerne auch ohne Quote. Was nötig ist: transparente Gehaltsstrukturen, klar kommunizierte Regeln für Beförderungen sowie flexiblere Arbeitszeiten und weniger Anwesenheitspflichten. Hilfreich wäre zudem die Unterstützung bei der Organisation von Kinderbetreuung oder der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger.

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