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Mittelbayerische Zeitung: Die neue elektronische Gesundheitskarte sollte längst eingeführt sein. Leitartikel von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Gibt es noch ein Land, wo man die Nase eher rümpfen lernt als putzen, fragte vor über 200 Jahren der Aphoristiker Georg Christoph Lichtenberg. Nun ja, so manches große Vorhaben, das von Politik und/oder Verwaltung ersonnen wurde, hat es gar nicht so leicht im Land der notorischen Naserümpfer. Niemand weiß etwa, wann der Berliner Großflughafen BER, wann die Hamburger Elbphilharmonie oder der Prestige-Bahnhof Stuttgart 21 fertig werden. Und was das alles kostet. In die Liste der wackligen, aber äußerst kostspieligen Großprojekte darf getrost die elektronische Gesundheitskarte aufgenommen werden. Das mittlerweile rund eine Milliarde Euro teure IT-Projekt im Gesundheitsbereich sollte eigentlich bereits 2006 eingeführt werden. Die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und die beteiligten Firmen versprachen jedenfalls Wunderdinge. Erleichterungen für Ärzte, Krankenhäuser, Apotheken - und natürlich für die Patienten. E-Health, also die elektronische Unterstützung im Gesundheitswesen, heißt das Zauberwort bis heute. Der Arzt klappt sein Notebook auf und hat sofort die Krankheitsdaten des Patienten vorliegen, inklusive des letzten Röntgenbildes, natürlich der Blutgruppe, dem Hinweis auf eine Medikamentenunverträglichkeit, auf Allergien oder den eingesetzten Herzschrittmacher und die Hüftprothese. Das alles klingt sinnvoll. Das scheckkartengroße Plastikteil könnte sozusagen ein Tausendsassa werden, der Ärzten, Apothekern und anderen viel Routinearbeit abnimmt, ja könnte. Soweit der schöne Plan. Doch seither ist viel Zeit vergangen. Mit Herman Gröhe hat nun bereits der vierte Bundesgesundheitsminister die kleine Hightech-Karte auf dem Tisch. Getan hat sich nicht viel. Es gab und gibt dagegen jede Menge Nasenrümpfen, also heftigen Widerstand von Ärzten, die gerne alles beim Alten lassen würden. Hinzu kommen eine Menge technische Probleme, nicht nur Kinderkrankheiten und eine gewaltige Skepsis bis offene Ablehnung und/oder Unkenntnis bei den Versicherten. Woher sollen sie es auch wissen, wenn immer nur neue schlechte Nachrichten über die Karte zu lesen und zu hören sind. Obendrein sind die Menschen von den diversen Daten-Skandalen der jüngsten Zeit, von der NSA-Schnüffelei, von Hacker-Angriffen auf scheinbar sichere Kundendaten bei Internet-Firmen und Banken äußerst misstrauisch geworden. Mit der elektronischen Gesundheitskartei soll auf keinen Fall der gläserne Patient erschaffen werden, in dessen Krankenakte nun alle möglichen Unbefugten, Versicherungen, Arbeitgeber, Krankenkassen, Pharmaindustrie lesen können wie in einem offenem Buch - und wer weiß, wer noch alles. "Meine Daten gehören mir" muss ein Grundsatz sein, der ganz besonders für den Bereich der eigenen Gesundheit, beziehungsweise Krankheit zu gelten hat. Außer dem Arzt des Vertrauens gehen diese intimen Informationen niemanden etwas an. Das muss die neue Karte gewährleisten. Gegen das Pannen-Image der elektronischen Gesundheitskarte will nun Hermann Gröhe angehen, einst CDU-Generalsekretär und eher widerwillig in dieses heikle Ministeramt gekommen. Das immer wieder verzögerte Projekt will er mit einem E-Health-Gesetz angekurbeln. Und wer weiß, vielleicht gibt es die funktionierende elektronische Gesundheitskarte, noch bevor der erste Jet vom hauptstädtischen BER abhebt.

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