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Mittelbayerische Zeitung: Raus aus der Abhängigkeit - Der russisch-ukrainische Konflikt zeigt, dass sich Europa um seine Energiesicherheit kümmern muss. Von Hanna Vauchelle

Regensburg (ots)

In der Nacht zum Montag ist eingetreten, wovor Beobachter zuletzt immer gewarnt haben: Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine eskaliert. Beide Länder haben ihre Verhandlungen ergebnislos abgebrochen. Prompt macht Moskau seine Drohung wahr und liefert ab jetzt nur noch gegen Vorkasse Gas an Kiew. Auf dem Scherbenhaufen dazwischen sitzt die EU. Ihr drohen - wieder einmal - Engpässe bei der Versorgung. Diese letzte Volte in den russisch-ukrainischen Verwerfungen zeigt erneut die Dringlichkeit, mit der sich Europa um seine Energiesicherheit kümmern muss. Es ist erst zwei Wochen her, dass EU-Energiekommissar Günther Oettinger Vorschläge vorgelegt hat, mit denen die EU ihre Energieversorgungssicherheit erhöhen soll. Raus aus der Abhängigkeit von russischen Ressourcen, so lautete die Absicht, die hinter den Maßnahmen steckte. Spätestens jetzt dürfte sich der Kommissar wünschen, dass seine Vorschläge in Rekordgeschwindigkeit umgesetzt werden. Denn sollte Russland tatsächlich den Gashahn zudrehen, werden auch einige der EU-Staaten darunter leiden. Dass es tatsächlich soweit kommen kann, hat sich 2009 gezeigt. Damals mussten Menschen in Bulgarien frieren, weil Russland und die Ukraine über die Gaspreise völlig zerstritten waren. Umso unverständlicher ist es, dass die EU die vergangenen Jahre nicht intensiver genutzt hat, um ihre Versorgungssicherheit zu verbessern. Sicherlich, es gibt jetzt in mehreren die EU bedienenden Pipelines die Möglichkeit, Gas in beide Richtungen fließen zu lassen. Außerdem wurden einige Zwischenverbindungen unter den Röhren eingerichtet. Doch von einem gemeinsamen Energiebinnenmarkt für Gas und Strom ist die EU noch meilenweit entfernt. Nationale Empfindlichkeiten haben den Ausbau von transnationalen Leitungen immer wieder zurückgeworfen. Auch das Scheitern des EU-Prestigeprojektes Nabucco, das per Pipeline Gas aus Zentralasien unter Umgehung Russlands nach Europa hätte bringen sollen, wird nun schmerzlich wieder bewusst. Erschwerend kommt hinzu, dass der aktuelle Streit zwischen Russland und Kiew unter völlig neuen außenpolitischen Bedingungen stattfindet. So angespannt wie jetzt waren die Beziehungen zwischen den Nachbarländern seit Jahrzehnten nicht mehr. Seit am Wochenende auch noch ein ukrainisches Militärflugzeug mit 50 Soldaten an Bord von prorussischen Separatisten abgeschossen worden ist, droht der Konflikt weiter gefährlich zu eskalieren. Von einer Entwaffnung der Kämpfer, wie Moskau sie vor Wochen noch versprochen hatte, kann nicht die Rede sein. In diesem hochexplosiven Umfeld tut die EU also gut daran, sich in Sachen Energieversorgung schleunigst nach Alternativen umzusehen. Diese gibt es - auch kurzfristig. Bereits jetzt könnte über Häfen in Westeuropa mehr Flüssiggas auf den Kontinent gelangen. Gleichzeitig gilt es, sich nach neuen Lieferanten, etwa Iran oder Irak, umzusehen. Hierfür wäre es allerdings Voraussetzung, dass sich die EU endlich zu einer gemeinsamen Energieaußenpolitik aufrafft. Kommissar Oettinger hat hierfür den Grundstein gelegt. Gleichzeitig muss natürlich auch der Grundsatz gelten: Je weniger Energie in ganz Europa verbraucht wird, desto unabhängiger ist der Kontinent von Importen. In Zeiten, in denen bisherige Partnerländer den Gashahn als Waffe nutzen, tut die EU gut daran, sich so weit wie möglich von fossilen Energien unabhängig zu machen. Denn derartige Auseinandersetzungen kann sie momentan nur verlieren. Moskau und Kiew sind zu unberechenbar.

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