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Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zu "Obama"

Regensburg (ots)

von Thomas Spang

Der Durchbruch bei den Atomverhandlungen mit Iran hat für die Supermacht USA eine grundlegende Zäsur bedeutet. Die Diplomatie kehrt als wichtigstes Instrument amerikanischer Sicherheitspolitik zurück, während militärische Lösungen in den Hintergrund treten. Diese Präferenz hatte sich bereits in der Syrien-Krise abgezeichnet, bei der Präsident Barack Obama bis zum Schluss zögerte, Gewalt einzusetzen. Stattdessen stürzte er sich auf einen Vorschlag Russlands, das syrische Arsenal an Chemiewaffen auf friedlichem Weg unbrauchbar zu machen. Das eine wie das andere Mal setzte sich der Friedensnobelpreisträger über die ätzende Kritik der Falken daheim und im Ausland hinweg, die Obama wahlweise Unentschlossenheit, Schwäche oder Naivität vorhielten. So geht es einem, der Diplomatie wagt. Und Obama verdient Beifall dafür. Systematisch hat der US-Präsident in den vergangenen Jahren darauf hingearbeitet, die Rolle der Supermacht auf der Weltbühne neu zu definieren. Weg von dem Cowboy-Image der Bush-Jahre hin zu der eines umsichtig agierenden Maklers. Als erstes hat Obama den Krieg in Irak beendet. In Afghanistan steht der Rückzug ebenfalls unmittelbar bevor. Und vieles spricht dafür, dass "Krieg gegen den Terror" sehr bald in eine traditionelle Anti-Terrorismus-Kampagne überführt wird. Obama stellte in einer Grundsatzrede an der National Defense University im Mai dieses Jahres den Sinn des "unbegrenzten Globalen Kriegs gegen den Terror" in Frage. Konkret versprach er größere Zurückhaltung beim Einsatz von Drohnen. Ein halbes Jahr später lassen sich die Ergebnisse messen. Sowohl in Jemen als auch in Pakistan üben die Amerikaner sehr viel größere Zurückhaltung. Die Zahl der Drohnenschläge ging fast um die Hälfte zurück. Das Interimsabkommen mit Iran nach drei Jahrzehnten offener Feindseligkeiten steht in diesem größeren Kontext wie ein Ausrufezeichen hinter der Neuausrichtung der amerikanischen Sicherheitspolitik. Bei den Verbündeten Israel, Saudi Arabien oder den Golfstaaten löst die diplomatische Offensive Verunsicherung aus, weil ein Erfolg - so ungewiss auch immer - gravierende Konsequenzen für die Region hätte. Die Alternative zu diesem Kurs wäre der Marsch in einen weiteren Krieg gewesen. Wobei sowohl in Syrien als auch in Iran die Risiken erheblich wären. Spätestens das Abenteuer in Irak sollte gelehrt haben, dass überwältigende militärische Macht allein noch nicht das gewünschte Ergebnis produziert. Unwägbarkeiten bestehen in jedem Fall. In Syrien scheint das Kalkül des Weißen Hauses schon jetzt teilweise aufzugehen. Die Zerstörung der Chemiewaffen-Kapazitäten läuft besser als erhofft. Gleichzeitig zeichnet sich eine realistische Chance für eine Friedenskonferenz ab. Dort könnte Syriens Verbündeter Iran unter Beweis stellen, wie substanziell die Veränderungen seiner Politik tatsächlich sind. Den Atomstreit selbst dauerhaft zu lösen dürfte schwieriger werden, weil die Probleme und geostrategischen Konsequenzen größer sind. Dennoch gibt es keinen Grund, es nicht auf dem Verhandlungsweg zu versuchen. Die Supermacht kann damit am Ende nur gewinnen. Selbst wenn es nur die Einsicht wäre, so nicht weiterzukommen. Obama hat mit John Kerry einen energetischen Außenminister gefunden, der seine Vision aus dem Wahlkampf 2008 mit Leben füllt. Eine Garantie, dass er mit der diplomatischen Offensive den Bürgerkrieg in Syrien beenden, Israelis und Palästinenser versöhnen oder Iran zu einem berechenbaren Spieler im Nahen Osten machen kann, gibt es nicht. Aber er verdient dafür konstruktive Unterstützung statt zynischer Besserwisserei.

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