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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Freihandelszone: Gewinner und Verlierer von Hanna Vauchelle

Regensburg (ots)

EU und USA profitieren von der Handelszone. Für Afrika und Lateinamerika ist es jedoch ein weiterer Schlag.

Auf die Plätze, fertig, los: Gestern fiel der Startschuss für die Verhandlungen eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA. Freier Warenaustausch ohne Zollgrenzen sowie die Angleichung von Industriestandards soll beider Wirtschaften nach vorne bringen. Trotz des vertrauenerschütternden Späh-Skandals halten beide Seiten an dem Vorhaben fest. Doch bei allen Vorteilen, die europäischen und amerikanischen Unternehmen sowie Verbrauchern winken, muss allen Beteiligten klar sein: Das Abkommen zwischen den beiden wichtigsten Wirtschaftsräumen der Welt wird die schwächsten Marktteilnehmer in Afrika und Lateinamerika weiter schwächen. Jetzt ist es also doch so weit. Während Oppositionspolitiker in Berlin bis gestern noch darauf drängten, die Handelsgespräche auf Eis zu legen, gibt sich die EU pragmatisch. Schließlich soll das vielleicht wichtigste Projekt dieses Jahrzehnts weiter vorangetrieben werden. Beide Seiten sind darauf bedacht, die Schmierenkomödie der vergangenen Tage nicht zum beherrschenden Thema zu machen. Deshalb werden die Spionagevorwürfe diskret in Hinterzimmer-Gremien aufgearbeitet werden. Die Handelszone soll eine Erfolgsgeschichte mit Happy End werden. Dass dies auch dem letzten Zweifler klar wird, dafür sorgen Politik und Wirtschaft mit ihrer Jubelstimmung. BIP-Zuwachs für die EU, neue Jobs in den Krisenländern und sogar die deutschen Autobauer reiben sich die Hände. Sie erwarten durch die Freihandelszone einen Wachstumsschub von 1,5 Prozent. Bei so vielen Gewinnern fragt lieber niemand nach den Verlierern. Die wird es aber geben. Denn wenn sich die beiden Stärksten zusammentun, drohen die Schwachen auf der Strecke zu bleiben. Dies droht vor allem afrikanischen und lateinamerikanischen Produzenten. Ihre Importe in die EU und die USA dürften aufgrund des Preiswettbewerbs weniger gefragt sein. Schließlich werden die beiden großen Blöcke untereinander mehr Handel treiben. Einer Studie des Münchner Ifo-Instituts zufolge werden vor allem westafrikanische Staaten die Konsequenzen spüren. Bisher handeln sie traditionell viel mit Frankreich und Belgien. Gibt es jedoch erst einmal die Freihandelszone, dürften ihre Angebote von US-Firmen verdrängt werden. Das ist umso bitterer, als dass sich die EU im Agrar- und Lebensmittelbereich bereits jahrelang abgeschottet hat. Durch verkrustete Subventionsstrukturen sind die Märkte von Entwicklungsländern beschädigt worden, die mit ihren Produkten nicht gegen die geförderten EU-Waren ankommen konnten. Und nun, wo endlich dank der Agrarreform zahlreiche Quoten und Subventionen wegfallen, droht eine weitere Abschottung durch die Super-Freihandelszone. Europa und Amerika profitieren dabei auch vom Scheitern der Welthandelsorganisation. Seitdem Streitereien zwischen Brasilien, den USA und China über den Marktzugang von Industriegütern die Gespräche blockieren, verhandeln die meisten Staaten lieber bilateral. So wie China eben erst mit der Schweiz ein Abkommen abgeschlossen hat, feilschen auch die EU und die USA mit dem ganzen Gewicht ihrer Wirtschaftsstärke. Sie haben deshalb nun die Aufgabe, ihre Handelszone so anzulegen, dass sie die Bedürfnisse der Schwächsten nicht völlig außer Acht lässt. Doch so weit ist es noch nicht. Schon jetzt darf angezweifelt werden, dass der ehrgeizige Zeitplan - bis Ende 2014 soll die Handelszone stehen - überhaupt eingehalten werden kann. Denn wie zerstritten die Europäer untereinander sind, haben sie unlängst wieder gezeigt: Paris ließ die Gespräche beinahe platzen, da es auf einer Ausnahme für seinen Kultursektor bestand. Und wie unterschiedlich die Ansichten der EU und der USA im Agrarbereich sind, ist ebenfalls bekannt. Noch ist nichts beschlossen.

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