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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Wahl im Saarland von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Langweilig und spannend zugleich ist die Landtagswahl an der Saar gestern ausgegangen, mit der zwei weitere Urnengänge in Bundesländern eingeläutet wurden. Die erwartete große Koalition in Saarbrücken kommt zustande. Das war nun wirklich keine Überraschung. Die Kramp-Karrenbauer-CDU hat das jähe Ende der wackligen Jamaika-Koalition überraschend stabil überstanden und wird die etwas erstarkte SPD von Heiko Maas als Juniorpartner ins Regierungs-Boot nehmen. Das Duell der beiden großen Parteien im kleinen Saarland indes war gar keines. Zu klar kam der SPD-Marathonmann Heiko Maas hinter der Unions-Kontrahentin Annegret Kramp-Karrenbauer ins Ziel. Da sich beide bereits vorher die Polit-Ehe versprochen hatten, musste gestern nur noch geklärt werden, wer in dieser Beziehung die Hosen an hat. Die über ihre Landesgrenzen hinaus weithin unbekannte Kramp-Karrenbauer ist klar die Chefköchin und Maas der Kellner. Damit ist an der Saar eine Situation gewählt worden, wie sie auch im Bund nach der nächsten Wahl im Herbst 2013 entstehen könnte. Das von den Umfragen besoffene Rot-Grün verliert weiter Federn. Und Angela Merkel schwebt weiterhin unantastbar über allen Widrigkeiten des politischen Lebens. Dass die in Berlin regierende schwarz-gelbe Koalition zum wiederholten Mal abgestraft wurde, scheint an der Union und ihrer Spitzen-Politikerin abzuperlen wie Regen vom Friesennerz. Die eigentlichen Überraschungen jedoch gab es bei den kleinen Parteien. Die flotten Internet-Piraten haben nun bereits zum zweiten Mal - und scheinbar mühelos, jedenfalls über einen nahezu ausschließlich im Netz geführten Wahlkampf - einen Landtag geentert. Der Protest gegen die Etablierten vollzieht sich zurzeit vornehmlich im Internet und trägt Piratentuch. Die Internetaktivisten, zuletzt vom neuen Bundespräsidenten als gute Demokraten geadelt, kommen vor allem bei jüngeren Wählern an. Sie strahlen jene Frische aus, die viele bei den mittlerweile ergrauten Grünen nicht mehr finden. Die Saarwahl hat die Zuversicht gestärkt, dass Piraten auch in andere Landtage und wahrscheinlich auch in den Bundestag einziehen dürften. Die Linke freilich hat selbst im Stammland von "de Oskar" ihren Zenit überschritten. Ihre guten Wahlergebnisse speisten sich ohnehin vor allem aus Proteststimmung gegen die SPD und aus einer gewissen Lafontaine-Nostalgie. Den erhofften Rückenwind für einen Durchmarsch von Lafontaine zurück in die Parteispitze und schnurstracks zur Spitzenkandidatur 2013 gab es nicht. Sollte die Linke bei den kommenden beiden Wahlen aus den Landtagen fliegen, droht den Postkommunisten der ganze Laden um die Ohren zu fliegen. Die Freidemokraten wiederum arbeiten mit dem Saar-Desaster im Nacken nun noch kräftiger daran, ihren bisherigen Chef abzusägen. Philipp Rösler hat wieder nicht geliefert. Er ist jetzt der Frosch. Nicht völlig ausgeschlossen freilich, dass Lindner, Kubicki und Co. trotzdem in die Landtage von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen einziehen. Damit hätte sich die FDP zwar immer noch als Juniorpartner der Union erledigt, aber sie wäre zumindest nicht gleich im politischen Abgrund verschwunden, wie man jetzt nach der Saarland-Wahl befürchten muss. Andere freilich profitieren kräftig und genüsslich vom Niedergang der FDP. Die große Gähn-Koalition hat sich an der Saar durchgesetzt, doch es bleibt allemal spannend. Kiel, Düsseldorf und Hannover heißen die nächsten Etappen auf dem Weg nach Berlin 2013.

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