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WAZ: Guttenberg und die Opel-Rettung - Eine Frage der Staatsräson - Leitartikel von Frank Stenglein

Essen (ots)

Politik heißt, Dinge durchzusetzen. Wenn ein
Politiker dabei noch eine gute Figur macht - umso besser für ihn. Im 
Fall des Wirtschaftsministers zu Guttenberg verhält es sich 
umgekehrt. Sein einsamer Kampf gegen die übermächtige Neigung, den 
Staat als Generalunternehmer aufzupumpen, ist aller Ehren wert, 
verschafft Guttenberg Profil und wachsende Zustimmung in der 
Öffentlichkeit. Das Wirtschaftsressort kann sich wieder an einem 
Vorsteher aufrichten, der energisch für einen marktwirtschaftlichen 
Ordnungsrahmen eintritt. Durchgesetzt allerdings, und das ist 
Guttenbergs Problem, haben sich im Fall Opel andere - und schlimmer: 
Alle wussten es vorher. Eine Niederlage mit Ansage.
Kann sich ein Minister so etwas leisten? Sicher nicht allzu oft, 
sonst wird er zur Witzfigur. Guttenberg selbst weiß um die Gefahr für
seine Glaubwürdigkeit, nicht zufällig hat er seinen Rücktritt 
erwogen. Die entscheidende Frage ist aber: Soll es in der Union und 
in der deutschen Politik niemanden von Belang mehr geben dürfen, der 
auf die Bremse tritt, wenn der Staat sich zu übernehmen droht? Doch, 
das muss möglich sein. Eine Stimme wie die von Guttenberg ist 
wichtig, auch wenn die Grenze zum folgenlosen Mahnen fließend ist.
Die SPD mag versuchen, aus dem CSU-Mann einen neoliberalen Popanz
zu machen, wie sie es einst beim "Professor aus Heidelberg" alias 
Paul Kirchhof schaffte. Das alte Schlachtross Gerhard Schröder hat 
schon mal die Melodie vorgegeben, als er Guttenberg in bewusster 
Analogie als "Baron aus Bayern" titulierte, um mit dem Adelstitel 
Ressentiments hervorzukitzeln. Ganz so einfach wird es diesmal aber 
wohl nicht gehen. Dass das Geld der Steuerzahler für Zwecke 
ausgegeben wird, für die es eigentlich nicht gedacht ist und für 
Operationen, deren Erfolg ungewiss bleibt, weckt bei vielen Bürgern 
berechtigtes Unbehagen, und zwar über Parteigrenzen hinweg.
Dennoch: Es wäre unpolitisch, Angela Merkel Versagen vorzuwerfen.
Gegen die SPD und gegen die staatsinterventionistische Stimmung in 
der eigenen CDU zu arbeiten - das wäre etwas viel verlangt von einer 
Fachfrau für Pragmatismus. Selbst die Einwände der FDP wirken ja matt
und seltsam pflichtschuldig. Das zeigt, wie sehr die Opel-Rettung zur
Frage der Staatsräson wurde - weitere Fälle dieser Art dürften 
folgen. Die Fortsetzung der Großen Koalition ist seit der Opel-Nacht 
ein gutes Stück wahrscheinlicher. SPD plus Union minus Guttenberg 
sind sich ungeachtet rhetorischer Spielchen selten näher gewesen.

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