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WAZ: Kritik an außenpolitischem Kurs - Merkel ist nicht trittsicher - Leitartikel von Richard Kiessler

Essen (ots)

In diesen atemlosen Tagen erscheint die Kanzlerin
schwächer als in der ersten Phase ihrer Amtszeit. Die Granden ihrer 
eigenen Partei halten CDU-Chefin Angela Merkel "Beliebigkeit" vor. 
Sie zeige "Normalmaß", sagt ihr Biograf, der frühere CDU-Politiker 
Gerd Langguth. Sie reagiert zunehmend dünnhäutig.
Längst wird auch die Außenpolitikerin Merkel kritisiert. Auf der 
internationalen Bühne, urteilt ein Berliner Top-Diplomat, der schon 
unter Kohl und Schröder diente, sei sie nicht trittsicher. Ihr Vize, 
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) räumt ein, "manchmal 
unterschiedliche Einschätzungen über den richtigen Weg zum Ziel" zu 
haben.
Diese Woche hatte Steinmeier sein Debüt mit der amerikanischen 
Außenministerin Hillary Clinton. Mit den Neuen in Washington gibt es 
viele Übereinstimmungen. Aber Merkel fremdelt mit Präsident Obama. 
Sie misstraut dem Messias im Weißen Haus. Obama wiederum weiß, dass 
Merkel ursprünglich Soldaten in den Irak schicken wollte und nun 
keine Ex-Häftlinge aus dem Schandlager Guanta´namo aufnehmen mag.
Auch zwischen Frankreichs Präsident Sarkozy und Merkel hängt der 
Haussegen schief. Sie weiß den Tausendsassa im Elyse´e-Palast nicht 
zu nehmen. Sie schwächt Deutschlands Rolle in Europa und muss sich 
als "Madame No" verspotten lassen, die zu spät oder gar nicht 
handele.
Alles andere als trittsicher bewegt sich die Kanzlerin aus der 
Uckermark auf dem glatten Parkett des Nahen Ostens. Die Schuld am 
Gazakrieg wies sie einseitig der Hamas zu. Die Sicherheit Israels sei
deutsche Staatsräson. Was aber heißt das in letzter Konsequenz? Würde
ein Angriff auf Israel den Einsatz deutscher Soldaten bewirken? Frau 
Merkel lässt das offen, bleibt im Ungefähren. Dem deutschen Gewicht 
in der Konfliktregion nützt das nicht.
Merkel sei eben, urteilt ihr Biograf Langguth, "bloß eine 
gelernte Christdemokratin". Will sagen: Ihr fehlt die Erfahrung 
westlicher Kultur und Lebensweise. Was einst, unter den Bedingungen 
der DDR-Diktatur, das "Böse" war, Israel etwa, kann in Merkels 
"werteorientierter Außenpolitik" nur das "Gute" sein.
So erläutern Weggefährten die Fehleinschätzungen der Kanzlerin 
auf der Weltbühne. Schade nur, dass sie obendrein mancherlei 
fachlichen Rat in den Wind schlägt und in parteitaktischen Volten 
Zuflucht sucht, die sie für Macht sichernd hält.

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