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WAZ: Rüttgers-Vorstoß - Vom Arbeiter- zum Rentner-Führer - Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

Eine der Geschichten aus der politischen Kulisse
geht so: Es ist die erste Sendung von Anne Will im November 2007, zu 
Gast sind der SPD-Chef und Arbeiterführer qua Amt, Kurt Beck, sowie 
NRW-Ministerpräsident und Arbeiterführer qua Selbstinthronisierung, 
Jürgen Rüttgers (CDU). Die Sendung verlief so: Beck versucht über den
linken Flügel zu stürmen und muss ein ums andere Mal feststellen: 
Rüttgers ist schon da. Irgendwann nach dieser Sendung, heißt es in 
Düsseldorf, habe sich Beck für den Vorstoß zur Verlängerung von 
Arbeitslosengeld I entschieden. Und der Hartz-Generalrevisor Rüttgers
war wieder eher am Ziel. Schließlich hatte die NRW-CDU schon vor 
Jahren diese Änderungen angemahnt.
Und jetzt holt Rüttgers nochmal aus, ganz offensichtlich, um das 
Prädikat Arbeiterführer durch das des Rentnerführers zu ergänzen. Es 
könne doch nicht sein, dass einer, der 35 Jahre lang geringe Beiträge
einzahlt, nur so viel Rente bekommt wie einer, der gar nichts 
eingezahlt hat. Wie plausibel - und doch so populistisch.
1. ist doch maßgeblich die NRW-CDU mit ihrem damaligen 
Sozialminister Blüm schuld daran, dass die Rentenversicherung als 
Arbeitsmarktinstrument (Frührente) missbraucht wurde. Schlimmer noch:
Das Blüm'sche Wahlplakat von 1986 - "Die Rente ist sicher" - wirkt 
bis heute narkotisierend - auf Betroffene und Politiker.
2. zerbricht sich Rüttgers heute den Kopf der künftigen 
Rentnergeneration. Das ist löblich, für einen Politiker aber 
ungewöhnlich, zumal dann, wenn das Kassenproblem über höhere Steuern 
gelöst werden soll. Das ist - anders als eine Umstellung auf höhere 
private Sparanteile - schnell zu haben.
3. ist das Thema Altersarmut der Renter zweifellos wichtig, in 
der Dimension aber kleiner als das Armutsproblem der Familien mit 
Kindern und Alleinerziehenden. Der Armutsbericht der Bundesregierung 
wird laut Spiegel jeden vierten Haushalt mit Kindern, jeden zweiten 
Alleinerziehenden unter der Armutsgrenze aufführen. Rentner sind zu 
zwölf Prozent betroffen.
4. öffnete der Rüttgersvorschlag, alle zusätzlichen Ausgaben aus 
der Rentenkasse mit Steuern zu bezahlen, der politischen Willkür Tür 
und Tor. Rüttgers will Steuerzahler für politische Wohltaten blechen 
lassen - und kapert dazu die Rentenversicherung, die er in eine 
undurchsichtige Umverteilungsmaschine verwandelt.
Nein, das Thema hat Konjunktur allein mit Blick auf den Wahlkampf
2010.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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