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Berliner Morgenpost: Die Jungministerin und die Pflegefälle - Leitartikel

Berlin (ots)

Sie hat ja schon ein bisschen was ertragen müssen,
unsere neue Zufalls-Familienministerin, deren Berufung ja im Grunde 
nicht geplant war, sondern das Ende einer Ereigniskette, die mit 
einer Fehleinschätzung im fernen Kundus begann. Dass Kristina Köhler,
mittlerweile Kristina Schröder, kaum im Amt erst mal Hochzeit feiern 
musste, war ein Statement, das aus ganz unterschiedlichen 
Blickrichtungen zur Lästerei einlud. Das eingesessene Establishment 
in Bund und Ländern ließ sich dann auch nicht lange bitten. Kaum 30 
und schon Ministerin - dass konnte doch nicht mit rechten Dingen 
zugehen.
Abgesehen davon, dass einigermaßen innovative Unternehmen mit 
vergleichbar zukunftsorientierter Personalpolitik schon seit Jahren 
ziemlich gute Ergebnisse erzielen, zeigt die Jungpolitikerin mit 
ihrem ersten ernsthaften inhaltlichen Vorstoß, dass Merkels Wahl 
nicht die schlechteste ist. Tummelte sich Vorgängerin Ursula von der 
Leyen vorwiegend auf der Schokoladenseite ihres Ressorts - sie 
kümmerte sich um berufstätige Eltern, familienfreundliche Betriebe 
und die lieben Kinder -, geht Schröder gleich zu Beginn ihrer 
Amtszeit dahin, wo's wehtut. Die Pflege älterer, hilfsbedürftiger 
Menschen war noch nie ein Feld, auf dem Politiker reüssieren konnten 
oder wollten. Pflege, das klingt immer noch nach Heim und 
Bettlägerigkeit und Inkontinenz, nach Einsamkeit und Lebensende im 
Zweifel.
Es ist ein Verdienst Kristina Schröders, dass sie sich dieses Themas 
annimmt und dass sie versucht, dabei neue Wege der 
Sozialpartnerschaft zu beschreiten. Wege, die eben nicht zwangsläufig
zu höheren Kosten für alle führen, sondern die uns, den Familien, 
aber auch den Betrieben, stattdessen Flexibilität abnötigen. Wege, 
die Möglichkeiten aufzeigen - und eben nicht staatliche Bevormundung.
Wege, die auch Einladungen sind, individuell oder betriebsspezifisch 
Lösungen zu suchen. Wege, die am Ende aber immer ein Ziel haben 
müssen: den Umgang der Gesellschaft mit den Älteren, mit den Hilfs- 
und Pflegebedürftigen zu verbessern. Man kann der Jungministerin nur 
Mut machen, diesen Weg weiterzugehen und sich nicht kirre machen zu 
lassen von den üblichen Bedenkenträgern.
Der Versuch, Pflege auch innerhalb der Familien zu erleichtern, ist 
eben nicht jenes leichtfertige Abschieben einer staatlichen Aufgabe, 
wie es zumindest Teile der Opposition flugs behaupten. Im Gegenteil: 
Es ist jede Anstrengung wert, das Leben nicht in einem Heim beenden 
zu müssen, jede.
Und Arbeitszeitkonten, das müsste mittlerweile auch dem letzten 
Mittelstandsfunktionär klar sein, sind nicht des Teufels 
Kostentreiber. Sondern im Gegenteil das gebotene Mittel, um einen 
Betrieb und seine Mitarbeiter flexibel, produktiv und 
verantwortungsbewusst auf die unterschiedlichsten Herausforderungen 
in einer sich immer schneller verändernden Gesellschaft reagieren zu 
lassen.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

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