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Berliner Morgenpost: Amerika muss seine Prioritäten neu ordnen - Kommentar

Berlin (ots)

Die Zeit drängt, und die Krisen warten nicht. Noch
ist Barack Obama nicht im Amt. Gleichwohl hat er zu Beginn der 
vergangenen Woche bereits die erste Sitzung mit seinem künftigen 
Kabinett zur nationalen Sicherheit abgehalten. Ganz oben auf der 
Themenliste stehen die Probleme des Greater Middle East: Kriege in 
Afghanistan und im Irak, der Libanon am Rande des Bürgerkriegs, die 
Brüchigkeit Pakistans, die Nuklearrüstung des Iran, islamistischer 
Terror von Gaza bis Bombay, und im Heiligen Land kein Frieden in 
Sicht. Und alles ist mit allem verbunden.
Amerikanische Nahost-Politik wurde sechs lange Jahre beherrscht vom 
Irak. Obama wird und muss die Gewichte verlagern. Der 
Stabilitätsgewinn im Irak erlaubt es Washington, sich dem Iran 
zuzuwenden, dessen Griff nach der Bombe und der regionalen 
Vormachtstellung. Obama muss Teheran direkte Gespräche anbieten, ohne
Vorbedingungen. Das Gute an der Energiekrise ist, dass Teheran mehr 
als je auf den Westen angewiesen ist. Washington kann das nutzen, 
indem einerseits die Drohung der Sanktionen verschärft, andererseits 
die Aussicht auf Investitionen und Know-how verstärkt wird.
Der Iran ist das Schlüsselland der Region: Erwirbt das Land die 
Bombe, dann wird nichts und niemand Ägypten, die Saudis und die 
Türken hindern nachzuziehen. Dann regiert das nukleare Chaos, das 
vier Jahrzehnte durch den Nichtverbreitungsvertrag verhindert wurde.
Anders als Bush, der nach dem erfolglosen Mikromanagement Clintons 
den israelisch-arabischen Konflikt sich selbst überließ, muss Obama 
hier den Rahmen neu definieren. Die seit zwei Jahren via Türkei 
geführten Verhandlungen zwischen Israel und Syrien bieten einen 
Ansatz, um nicht nur Israel zu entlasten, sondern auch Syrien aus der
Umarmung des Iran zu lösen. Damit würden Israels nächste Feinde, 
Hisbollah und Hamas, einen Sponsor verlieren, und Israels 
demokratische Öffentlichkeit könnte Vertrauen fassen, zumal wenn die 
USA die neue Lage garantieren. Was das unheilige Heilige Land 
anlangt, so wird Obama, solange die Zwei-Staaten-Lösung noch eine 
Chance hat, viel Verhandlungsgewicht investieren müssen. Gegenwärtig 
sind die Palästinenser zerrissen, die Israelis tief skeptisch und die
Aussichten auf einen Friedensvertrag schlecht. Es wird erst einen 
Rahmen brauchen, in dem die Wirtschaft der Palästinenser wieder 
hochkommt und die Sicherheit berechenbar wird.
Der Hintergrund für die neue Verhandlungsbereitschaft der 
konservativen arabischen Staaten liegt in deren Angst vor dem Iran. 
Da gibt es mehr und mehr stille Allianzen, von Marrakesch bis 
Dschidda, die zu nutzen sind.
Amerikas unipolarer Moment ist vorbei. Washington nach 
GeorgeW. muss wieder lernen, dass in der realen Welt nicht 
alle Wünsche durchsetzbar sind. Und seine Prioritäten ordnen. Der 
Greater Middle East, wie die Amerikaner seit bald 20 Jahren die 
Region nennen, ist die neue zentrale Front. Aber die Gefechtslinien 
sind verknotet, haben viele Dimensionen. Es braucht Vision und harte 
Arbeit, speziell im Nahen Osten, die Welt zu einem besseren Platz zu 
machen.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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