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BERLINER MORGENPOST

Berliner Morgenpost: Klimawandel in Amerika - Kommentar

Berlin (ots)

Existiert eine globale emotionale Atmosphäre, dann
hat sie sich heute verändert. Die klare Wahl Barack Obamas zum 
44.Präsidenten der USA bedeutet einen Klimawandel, dem auch 
Skeptiker sich nicht entziehen können. Mitten in einer 
internationalen Krise beflügelt der Sieg Obamas einen Moment 
weltweiter Zuversicht. Der Globus ist erfasst vom "Yes we 
can"-Gefühl.
Der coole Charismatiker gehört, vorerst, zu den Staatslenkern, für 
die sich sein Volk nicht entschuldigen muss. Sein Sieg bedeutet 
Erleichterung: Für die USA, wo sich viele für ihren Präsidenten Bush 
schämen, für die westliche Welt, wo sich mancher fremdschgeschämt 
hat. Die überwältigende Wahlbeteiligung hat zudem der Demokratie 
einen unschätzbaren Dienst erwiesen. Amerika zeigt der Welt: Der 
Bürger ist nicht ausgeliefert, sondern kann mit seiner Stimme wirken.
Das Land hat sich radikal neu erfunden. Die Welt staunt.
Der neue mächtigste Mann hat weniger mit einem politischen Programm 
gewonnen, sondern vielmehr mit neuem Stil: Er ist Anführer und 
Teamspieler zugleich. Obama hat die Kluft zu den Menschen 
geschlossen, er hat mit seiner Biografie den Mythos vom Land der 
unbegrenzten Möglichkeiten modern interpretiert und damit die Bürger 
eines neuen Amerikas mobilisiert, die weder John McCain noch Hillary 
Clinton erreicht hätte.
Anders als sein Vorgänger, der nur in unvereinbaren Gegensätzen 
dachte, sein Amt wie ein Warlord führte und die Welt für seinen Clan 
auszubeuten gedachte, bedient Obama ein vielleicht naives, aber in 
vielen Menschen umso tiefer verwurzeltes Bedürfnis: Er steuert die 
Politik vom "Ich" zum "Wir".
Seinem Schlachtruf "Change" folgte stets der Nachsatz: "I'm asking 
you to believe". Er bekannte: Ich allein kann gar nichts ändern. Ich 
brauche euch. Nur gemeinsam haben wir die Kraft. Der Neue wusste 
schon im Wahlkampf, dass er diese Rückversicherung brauchen würde.
Wäre Barack Obama eine Aktie, müsste man sie heute verkaufen. Denn 
höher wird sein Kurs kaum steigen, größer werden die Fantasien nicht,
die sich mit seinem Sieg verbinden. Er soll ein verletztes Land 
psychologisch, wirtschaftlich und sozial aufrichten, nebenbei die 
ganze Welt befrieden, dazu das CO2 verscheuchen, und zwar sofort. Das
ist zu viel, selbst für einen Obama.
Ab sofort beginnt für ihn die harte Zeit. Umgehend wird er 
Interessengruppen, Bevölkerungsteile, Nationen, Industrien verletzen 
müssen. Wie gut Obama wirklich ist, wird sich nicht in der 
romantischen Zeit des Wahlkampfes erweisen, sondern auf dem langen, 
steinigen Weg, der nun folgt.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

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