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Mitteldeutsche Zeitung: Rechtsextremismus Ex-Verfassungsrichter Jentsch: Neues NPD-Verbotsverfahren ist hochriskant

Halle (ots)

Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Hans-Joachim
Jentsch hält ein neues NPD-Verbotsverfahren für hoch riskant. "Wer 
den Weg eines Verbotsantrages geht, geht einen sehr steinigen Weg", 
sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" 
(Donnerstag-Ausgabe). Zwar "wäre es richtig und wichtig, ein 
Verfahren durchzuführen, um die Verbotskriterienklarzustellen, die 
heute gelten. Dann müsste man allerdings bereit sein, auch eine 
Niederlage vor Gericht auszuhalten. Wenn man dieses Risiko nicht 
eingehen will, kann man kein Verbotsverfahren in Gang setzen." 
Jentsch erklärte weiter: "Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung 
gehen auch insoweit ein hohes Risiko ein, weil 2003 gesagt worden 
ist, V-Leute müssten vor dem Antrag aus den Führungsgremien der NPD 
abgezogen sein. Ich vermute, dass das in einem neuen Verfahren 
Bestand haben würde. Die Politik muss sich entscheiden, ob sie bereit
ist, die Beobachtung insoweit aufzugeben." Zudem lägen "die 
Präzedenzfälle über 50 Jahre zurück. Damals sind Verbotsverfahren 
gegen die Sozialistische Reichspartei und die Kommunistische Partei 
Deutschlands geführt worden - und zwar erfolgreich. Nur: Das war 
wenige Jahre nach der Niederlage Nazi-Deutschlands. In der SRP 
sammelten sich alte Nazis. Die KPD war der verlängerte Arm einer 
Weltmacht, die die Bundesrepublik bedrohte." Das sei heute anders.
Der Ex-Verfassungsrichter sagte, die formalen Hürden seien hoch. 
"An diesen hohen Hürden ist aber der Gesetzgeber teilweise selbst 
schuld. Er hat es in der Hand, sie etwas niedriger zu machen. Für 
einen Erfolg in einem Verbotsverfahren bedarf es einer 
Zwei-Drittel-Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Richter. Dies sind 
acht. Es müssen also sechs Richter zustimmen - was de facto einer 
Drei-Viertel-Mehrheit entspricht. In der Praxis scheiden immer wieder
Richter aus. Gehen zwei Richter, bleiben sechs Richter übrig. Dann 
liegt sogar ein Einstimmigkeitserfordernis vor. Die Frage lautet, ob 
das erforderlich ist, oder ob man nicht Regelungen treffen kann, die 
diese Zuspitzung vermeiden. Naheliegend wäre, dass ausscheidende 
Richter das Verbotsverfahren zum Abschluss bringen müssen. Dazu 
müsste man das Verfassungsgerichtsgesetz ändern. Die zweite Frage 
lautet, ob eine Drei-Viertel-Mehrheit nötig ist oder ob nicht eine 
einfache Mehrheit ausreicht."
Jentsch war 2003 Mitglied des Zweiten Senats, der das 
Verbotsverfahren unter Hinweis auf die V-Leute stoppte. Er selbst 
plädierte damals für die Fortsetzung des Verfahrens.

Pressekontakt:

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Tel.: 0345 565 4300

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