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Lausitzer Rundschau: Willkommen in Europa! Großbritannien vor Regierungswechsel

Cottbus (ots)

Jetzt hat der europäische Koalitionsvirus auch die Briten erreicht. Im Mutterland der Demokratie reichten oft weniger als 40 Prozent der Stimmen für eine solide Parlamentsmehrheit. Diesmal aber waren die 36 von hundert, die die als Wahlsieger gefeierten Konservativen einheimsten, nicht genug. So sind jetzt zunächst die Liberalen, die immerhin fast jeden vierten Wähler repräsentieren, das Zünglein an der Waage. Und deswegen wird die zunächst entscheidende Frage für den weiteren Gang der Dinge sein, ob sich das britische Wahlrecht dem annähert, was ansonsten in der EU üblich ist. Denn für eine Koalition werden die Liberalen gebraucht - und damit liegt bei den Verhandlungen sofort die Forderung auf dem Tisch, in Zukunft die Mandate streng nach dem Stimmenanteil zu verteilen. Die Alternative zu einer Koalitionsregierung in Großbritannien wären erneute Wahlen - eine Perspektive, vor der zunächst alle zurückschrecken. Wahrscheinlicher ist da zunächst eine lange und intensive Auseinandersetzung zwischen den Parteien um mögliche Inhalte einer Vereinbarung, die eine neue Regierungsmehrheit begründet. Für solch einen Prozess - bei uns zumeist üblich - gibt es jenseits des Kanals keinerlei Erfahrungen, auf die zurückgegriffen werden könnte. Deswegen kann davon ausgegangen werden, dass die Premiere ein zeitaufwendiger Kraftakt wird. Das Wahlergebnis legt zunächst ein Bündnis zwischen Konservativen und Liberalen nahe. Dagegen sprechen viele inhaltliche Festlegungen. Dies fängt mit dem Unwillen der Konservativen an, das Wahlrecht zu ändern. Aber auch in vielen anderen Fragen sind die Unterschiede nur schwer zu überbrücken. Eine Allianz zwischen der Labourpartei und den Liberalen braucht weitere elf Bundesgenossen unter den 19 Vertretern anderer, zumeist regional orientierten Parteien - ein ebenfalls schwieriges Unterfangen. Fehlende inhaltliche Übereinstimmung und die fehlende stabile Mehrheit machen die Regierungsbildung zu einem komplizierten Verfahren. Eines der größten EU-Länder wird somit auf absehbare Zeit vor allem mit sich selbst beschäftigt sei. Im Falle von Großbritannien muss daraus allerdings Europa nicht unbedingt ein Schaden erwachsen. Ein klarer Machtwechsel hätte zu erheblichen Problemen geführt, weil ein wesentlicher Teil der Konservativen nicht nur gegen jede weitere Integrationsanstrengung, sondern auch für einen Rückzug aus den europäischen Institutionen und Regelwerken steht. Insofern verschafft das Wahlergebnis Brüssel und den europäischen Partnerländern zunächst ein wenig Handlungsspielraum. Und es besteht die begründete Hoffnung, dass mit der Beteiligung der Liberalen ein ganz neues Kapitel aufgeschlagen werden könnte. Denn die sind von den drei großen Parteien die mit Abstand Europafreundlichste. Es könnte dann aus der zwangsweißen Annäherung an die politischen Verhältnisse auf dem Kontinent sogar noch eine allmähliche politische Neuorientierung werden. Dass jetzt auch in London eine grüne Abgeordnete sitzt, ist immerhin ein erstes Anzeichen für tiefer gehenden Wandel. Dass die Finanzwelt auf das Wählervotum mit der zu erwartenden Panik reagierte, sollte nicht weiter beunruhigen. Die Aufregung um das Patt im britischen Parlament wird sich legen und der Börsenplatz London wird sich an Verhältnisse gewöhnen, die in vielen anderen europäischen Ländern zum Alltag gehören.

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