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Lausitzer Rundschau: Vom eigenartigen Führungsstil der Bundeskanzlerin

Cottbus (ots)

Politik ist schon ein seltsames Spiel. Als am
Mittwoch das vorläufige Scheitern des Gesetzes über die Abscheidung 
und Einlagerung von Kohlendioxid (CCS-Gesetz) bekannt wurde, 
prügelten die Christdemokraten Johann Wadephul (Schleswig-Holstein) 
und Katherina Reiche (Brandenburg) mit vereinten Kräften auf den 
sozialdemokratischen Umweltminister Sigmar Gabriel ein. Nur über den 
Vorwurf waren sich die beiden nicht so recht einig: Während der 
CDU-Fraktionschef im Kieler Landtag Gabriel vorhielt, er habe das 
CCS-Gesetz brachial gegen die Mehrheit der Menschen durchsetzen 
wollen und sei nur dank der Intervention der unionsgeführten 
schleswig-holsteinischen Landesregierung gestoppt worden, brandmarkte
die Potsdamer Bundestagsabgeordnete den selben Minister als 
CCS-Verhinderer - und lieferte damit eine diametral entgegengesetzte 
Interpretation der Ereignisse. Tatsächlich hat Reiche allen Grund zum
Ärger. War sie es doch, die als Verhandlungsführerin der Union mit 
der SPD ein Gesetz zusammengezimmert hatte, dem das Bundeskabinett 
Anfang April seine Zustimmung erteilte. Als dann aber im letzten 
Moment in der Unionsfraktion heftige Zweifel an dem Entwurf aufkamen,
hätte ein Machtwort der CDU-Vorsitzenden das Gesetz möglicherweise 
noch retten können. Stattdessen ließ Merkel Reiche im Regen stehen - 
und die Konfliktparteien wissen, wenn es mehr Beratungsbedarf gebe, 
müsse das Gesetz eben zu Beginn der nächsten Legislaturperiode 
gemacht werden.
Wenn zwei sich streiten, schweigt die Kanzlerin. Diesen eigenartigen 
Führungsstil hat Angela Merkel in den vergangenen vier Jahren derart 
perfektioniert, dass mitunter schon mal in Vergessenheit geraten 
kann, wer denn laut Artikel 65 des Grundgesetzes eigentlich die 
Richtlinien der Politik bestimmt und dafür die Verantwortung trägt. 
Als es um Opel ging, konnte die Öffentlichkeit jedenfalls den 
Eindruck gewinnen, die SPD habe das umstrittene Rettungspaket gegen 
den erbitterten Widerstand der von Wirtschaftsminister Karl-Theodor 
zu Guttenberg geführten Union durchgesetzt. Dabei hätte die Kanzlerin
das Vorhaben jederzeit stoppen können. Und im Dresdner Brückenstreit 
hätte es der Regierungschefin gut zu Gesicht gestanden, rechtzeitig 
ihre ganze Autorität in die Waagschale zu werfen, um das Desaster vom
gestrigen Donnerstag abzuwenden. Sie hat es nicht getan - und so 
kampflos den eklatanten Bruch jener Verpflichtungen hingenommen, die 
die Bundesrepublik mit dem Beitritt zur Welterbekonvention eingangen 
ist. Was bleibt, ist der fatale Eindruck, dass deutsche 
Unterschriften unter internationale Vereinbarungen die Tinte nicht 
wert sind, mit der sie geschrieben sind.
Allen wohl und keinem wehe - mag sein, dass das Prinzip Merkel zur 
Großen Koalition passt wie die Faust aufs Auge. Dem Land tut es nicht
gut. Falls es nach der Bundestagswahl tatsächlich zu einer 
schwarz-gelben Mehrheit reicht, wird die Kanzlerin sich neu erfinden 
müssen. Eine Herausforderung, der sie möglicherweise selbst mit 
gemischten Gefühlen entgegensieht.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
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