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Lausitzer Rundschau: Präsidentschaftswahlen in den USA Der schwierige Neuanfang

Cottbus (ots)

Der nächste US-Präsident steht nach acht Jahren
George W. Bush vor einer ganz ungewöhnlichen Herausforderung. Denn 
der jetzige Mann im weißen Haus hat im politischen Leben der 
Supermacht ungewöhnlich tiefe Spurrillen hinterlassen. Seine fast 
schon schrankenlose Ausweitung der Macht des Präsidenten ist die 
erste große Versuchung, mit der sich der Wahlsieger auseinandersetzen
muss. Denn nach den Anschlägen des 11. September 2001 gelang es Bush,
die bisherigen Regeln der Verteilung der Macht zwischen dem Kongress,
also den gewählten Abgeordneten, und der von ihm geführten Regierung 
außer Kraft zu setzen. Eine Vielzahl der als Krieg gegen den 
Terrorismus begründeten Maßnahmen wurden in aller Heimlichkeit von 
einer kleinen Clique und ohne jede Kontrolle durch die 
Parlamentsgremien und damit auch der Medien durchgeführt. Die Folge 
war ein verheerender Angriff auf zentrale Werte der USA, für den 
herausragend die Folterpraxis der CIA und auch des Militärs steht.
Aber die Methode blieb nicht auf die Sicherheitspolitik beschränkt. 
Dem Präsidenten eine wesentlich stärkere Stellung zu verschaffen, war
eines der wichtigsten Ziele von George W. Bush und insbesondere von 
Vizepräsident Dick Cheney. Der hatte als Mitarbeiter des Weißen 
Hauses in den siebziger Jahren die Einschränkungen miterleben müssen,
die damals der Präsidentenmacht auferlegt wurden. Jetzt, wo ein 
Senator, also ein Mann des Parlaments, Staatschef wird, sollte er 
aufgrund eigener, leidvoller Erfahrung gefeit sein gegen die 
Auswüchse der letzten Jahre. Aber ob er tatsächlich die Kraft hat, 
der Versuchung zu widerstehen und die Dinge wieder zurückzuschrauben 
und damit Macht abzugeben und bessere Kontrolle zu ermöglichen, wird 
eine der wichtigsten Herausforderungen.
Kaum weniger bedeutend wird die Auseinandersetzung darüber sein, wie 
das Verhältnis zu anderen Nationen geregelt wird. Bush hat bei der 
Durchsetzung seiner wichtigsten außenpolitischen Ziele keine 
Rücksicht genommen auf Verbündete. Daran wird sich, was die 
Sicherheitspolitik betrifft, einiges ändern. Aber die Versuchung wird
groß sein, seinem Beispiel in anderen Feldern, etwa bei der 
Handelspolitik oder beim Klimaschutz, zu folgen. Dann würden die USA 
wieder ohne Absprache oder Zustimmung die eigene Position bestimmen 
und erneut als glaubwürdige Führungsmacht des Westens ausfallen.
Langfristig entscheidend nicht nur für die politische Kultur in den 
Vereinigten Staaten selbst, sondern für die Gemeinschaft der 
demokratisch regierten Nationen wird allerdings die Antwort auf eine 
Frage sein, die für Washington ein bislang eher unbekanntes Terrain 
darstellt. In der Amtszeit von George W. Bush haben sich eine 
Vielzahl von Regierungsinstitutionen und Mitarbeitern etwas zu 
Schulden kommen lassen, was auch von der großen Mehrheit der 
Rechtskundigen des Landes als Verbrechen gewertet wird. Dazu zählt 
die kriminelle Behandlung von Gefangenen, die Tötung völlig 
Unbeteiligter in Krisengebieten, die Entführung in Drittländern und 
die Auslieferung von Menschen in Staaten, die für ihr 
menschenverachtendes Regime bekannt sind. Dazu zählt auch der Angriff
auf Bürgerrechte wie etwa dem Schutz vor ungesetzlicher Ausspähung 
und Datensammlung. Ob es gelingt, all diese schrecklichen Verirrungen
aufzuarbeiten und Konsequenzen daraus zu ziehen, wird ganz 
entscheidend vom neuen Mann im Weißen Haus abhängen. Ob er dies will 
und kann, weiß im Moment wohl der neue Präsident selbst noch nicht. 
Denn es fehlt auch eine umfassende Bestandsaufnahme des Geschehenen. 
Und die Finanzkrise sowie die Kriege im Irak und in Afghanistan 
bieten hinreichend Anlässe, sich davor zu drücken. Längerfristig aber
ist ein Neuanfang ohne den konsequenten Blick auf diese Sünden der 
jüngsten Vergangenheit nicht denkbar.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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