Alle Storys
Folgen
Keine Story von Rheinische Post mehr verpassen.

Rheinische Post

Rheinische Post: Chance der SPD

Düsseldorf (ots)

von Thomas Seim
An diesem Wochenende hat Kurt Beck ein Stück Freiheit zurück 
gewonnen. Getrieben von verheerenden demoskopischen Werten, einer 
schweren persönlichen Glaubwürdigkeitskrise durch seine Haltung 
gegenüber der Linkspartei in Hessen und einer Debatte über seine 
mangelnde Führungsfähigkeit hielt Beck auf dem Zukunftskonvent seiner
Partei in Nürnberg eine respektable Rede. Er rückte die SPD wieder 
mehr ins politische Zentrum, gewann auch die rot-grünen 
Vergangenheitsträumer für einen neuen sozialliberalen Diskurs, fand 
gar Gelegenheit, den Koalitionspartner Union als politischen Gegner 
darzustellen. So gesehen könnte alles gut sein für die SPD. Ist es 
aber nicht. Das zeigen nicht nur, aber auch die Umfrageergebnisse der
letzten Woche: 21 Prozent - das ist bitter für eine politische 
Partei, die sich seit nun fast 50 Jahren nicht mehr als Klassen- 
sondern als Volkspartei begreift.
Der Grund dafür ist so schlicht wie schwerwiegend: Der SPD fehlt 
Glaubwürdigkeit. Kurt Beck hat sie in Hessen mit seinen Avancen in 
Richtung Linkspartei verspielt. Am Wochenende in Nürnberg haben die 
Funktionäre aus den Unterbezirken - das ist die Basis der SPD - ihren
Vorsitzenden das spüren lassen. Sie machten ihn intern für die 
Vertrauenskrise verantwortlich. Bis Hessen war für sie nichts 
verloren, glauben sie. Nun haben sie ihrem Parteichef die 
Verantwortung dafür zugeschoben, dass die SPD verlorenes Vertrauen 
zurückgewinnt. Es spricht vieles für die Einsicht bei Beck und der 
SPD, dass es einen großen Wurf braucht, um diese Glaubwürdigkeit 
wieder einigermaßen herzustellen. Beck braucht diesen großen Wurf 
auch selbst, um nach dem Hessen-Desaster als Parteichef und auch als 
Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz politisch überleben zu können.
Ein solcher Wurf kann nach Lage der Dinge nur gelingen, indem der 
SPD-Vorsitzende Kurt Beck dem beliebtesten SPD-Politiker, 
Außenminister Frank-Walter Steinmeier, die Kanzlerkandidatur 
anbietet. Spätestens im Herbst, am besten aber noch vor der 
Sommerpause. Steinmeier ist bereit, sich als Parteisoldat zur 
Verfügung zu stellen, selbst wenn die Chancen gering sind. Niemand in
der SPD weiß heute, ob seine Kandidatur ein Befreiungsschlag wäre. 
Sicher aber blieben Beck und die SPD ohne diesen Schritt im 
20-Prozent-Turm gefangen. Eine Gefangenschaft, die Opposition für 
Jahre, vielleicht Jahrzehnte bedeuten würde.
Kurt Beck hat eine respektable Rede gehalten in Nürnberg. Es war 
vermutlich seine beste, in jedem Fall aber die wichtigste. Sie hat 
ihn stabilisiert und ihm dadurch den Spielraum verschafft, sich ohne 
Gesichtsverlust von der Kanzlerkandidatur zurückzuziehen. Beck kann 
nun den Weg für Frank-Walter Steinmeier freimachen. Der SPD bleibt 
nur die Hoffnung, dass ihr Vorsitzender diese neue Freiheit schnell 
nutzt.
Bericht: SPD-Chef setzt auf Ampel, Titelseite

Pressekontakt:

Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2304

Original-Content von: Rheinische Post, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Rheinische Post
Weitere Storys: Rheinische Post
  • 31.05.2008 – 00:00

    Rheinische Post: SPD-Fraktionschef Struck will Beschluss gegen Linkspartei-Bündnis

    Düsseldorf (ots) - Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, setzt sich für einen Parteitagsbeschluss gegen eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei ein. "Damit hätte ich kein Problem", sagte Struck der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). "Der Wahlparteitag wird sich zu dem Thema ja äußern müssen." Eine ...

  • 30.05.2008 – 21:47

    Rheinische Post: Rollendes Risiko

    Düsseldorf (ots) - Der Feuerball von Straelen, in dem gestern ein Lkw explodierte, ist binnen weniger Tage der dritte dramatische Hinweis darauf, das wir äußerst schlecht auf die Risiken des sprunghaft wachsenden Güterverkehrs vorbereitet sind. Die Autobahnen sind nicht annähernd für die Belastung durch die Massen von 40-Tonnern ausgelegt. Der Bremsweg eines Schwerlasters, der mit Tempo 80 unterwegs ist, beträgt selbst bei günstigstem Fahrbahnzustand 66 ...