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Weser-Kurier: Zur Lage in der Türkei schreibt Susanne Güsten im "Weser-Kurier" (Bremen) vom 13. März 2014:

Bremen (ots)

Das Ausmaß der Trauer und der Wut nach dem Tod des jugendlichen Gezi-Opfers Berkin Elvan hat die türkische Regierung wohl überrascht. In den vergangenen Monaten hatte die Protestbewegung, die im vergangenen Jahr das Land mit ihren Demonstrationen erschüttert hatte, an Schwung verloren. Doch die Teilnahme von mehreren Zehntausend Menschen am Trauerzeug für den 15-jährigen Berkin, der an den Folgen eines Polizeieinsatzes während der Gezi-Unruhen gestorben ist, sowie die Reaktionen vieler verschiedener gesellschaftlicher Gruppen nach dem Tod des Jungen zeigen, dass der Widerstand gegen Erdogan wächst. Das Lager der Erdogan-Gegner reicht mittlerweile von kommunistischen Gruppen bis zu kapitalistischen Wirtschaftsverbänden - der Ministerpräsident hat mit seiner absolutistisch anmutenden Regierungsweise und seiner Arroganz im Umgang mit der Korruptionsaffäre derart viele Türken vor den Kopf gestoßen, dass diese ungewöhnliche Allianz möglich geworden ist. Noch allerdings wankt Erdogans eigentliche Machtbasis nicht: Die kleinbürgerlich-islamischen Türken halten ihm nach wie vor die Stange. Diese Tatsache verleitet den Regierungschef offenbar dazu, sich immer weiter von der Lebenswirklichkeit vieler seiner Landsleute zu entfernen: Zum Tod von Berkin Elvan, der das ganze Land beschäftigt, ist ihm kein einziges Wort über die Lippen gekommen. Nach einem möglichen Sieg des Premiers bei den Kommunalwahlen Ende dieses Monats wird die Frage im Raum stehen, ob Erdogan im Sommer bei der Direktwahl des Präsidenten als Kandidat antreten sollte. Ein Politiker, der so spaltet wie Erdogan, ist eigentlich als Landesvater aller Türken kaum vorstellbar. Doch vielleicht will Erdogan auch überhaupt nicht der Präsident aller Türken sein, sondern nur der "seiner" Türken - im zweiten Wahlgang würde ihm die relative Mehrheit der Stimmen genügen, um Staatsoberhaupt zu werden. Das würde die Spaltung im Land noch weiter vertiefen. Derzeit sieht es jedoch so aus, als sei Erdogan das ziemlich egal.

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