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Weser-Kurier: Über Alice Schwarzers Schweizer Konto schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 4. Februar 2014:

Bremen (ots)

Ja, ich habe einen Fehler gemacht, schreibt Alice Schwarzer auf ihrer Homepage. Das stimmt nicht ganz. Sie hat zwei gemacht. Ein Fehler war, Steuern zu hinterziehen. Dafür hat sie buchstäblich bezahlt. Der andere Fehler war ihr Text in eigener Sache. Denn selbst wenn sie recht hat, und das hat sie im moralischen Sinne zweifellos, erst mit ihrer Stellungnahme beschädigt sie sich gründlich selbst - Schweigen kann tatsächlich Gold sein. Allerdings ist die Schwarzer nicht mehr die Schwarzer, als die sie sich selbst offenbar noch sieht. Ihre Verdienste für die Frauenbewegung sind unbestritten. Sie ist die große Dame der Bewegung, aber sie steht nicht mehr an ihrer Spitze. Das mag für sie traurig sein, doch wäre es anders, wäre es traurig für den Feminismus: Schwarzers Buch "Der kleine Unterschied und seine großen Folgen" erschien 1975, die Zeitschrift Emma wurde 1977 gegründet. Nach Schwarzer kamen andere Feministinnen. Nach Schwarzer kamen andere Vorstellungen von Emanzipation. Dass sie sich für einen öffentlichen Streit mit Verona Feldbusch nicht zu schade war und für die "Bild" über den Prozess gegen Jörg Kachelmann berichtete, lässt vermuten, wie viel ihr an öffentlicher Wirkung gelegen ist. Dass sie sich nun durch die gezielte Indiskretion Rufmord ausgesetzt sieht, weil sie sich gegen Ehegattensplittung und Prostitution einsetzt, muss man wohl Selbstüberschätzung nennen. Mit solchen Anwandlungen steht sie weiß Gott nicht alleine da - ihr hätte man es nur nicht unbedingt zugetraut. Schließlich erklärt sie den Männern und Frauen der Nation schon ganz gerne, wo's langgeht. Sicher hat die Schwarzer recht: Sie hat Steuern nachgezahlt, damit ist die Sache nach Recht und Gesetz erledigt und geht eigentlich niemanden mehr etwas an. Aber das gilt auch für das Liebesleben von Prominenten. Alice Schwarzer ist selber Journalistin - wer, wenn nicht sie, sollte also wissen, dass ein bisschen Promisein nicht möglich ist? Wer die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zieht, wird sie nicht wieder los, wenn es ihm gerade behagt. Nicht die erzwungene Steuer-Beichte, sondern die Stellungnahme in eigener Sache macht die Schwarzer zur tragischen Figur.

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