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Börsen-Zeitung: Daumen auf dem Ölpreis, Marktkommentar von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Das jüngste Ministertreffen der Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec) hat eines deutlich gemacht: Die führenden Kräfte des Kartells sind nicht daran interessiert, den Ölpreis weiter in die Höhe zu treiben. Die Organisation hat auf ihrem Treffen die eigentlich verbindlichen Förderquoten bei 30 Mill. Barrel pro Tag (bpd) belassen, obwohl die Marktanalysten des Kartells selbst festgestellt haben, dass die Mitglieder deutlich mehr produzieren; die Überproduktion beträgt derzeit rund 1 Mill. bpd. Und damit die Botschaft eindeutig wird, hat die Opec in ihrem Communiqué zum Ölministertreffen sogar darauf verzichtet, die Mitglieder verbal stärker zur Einhaltung der Quoten zu verpflichten.

Anleger, die sich im Rahmen ihrer Rohstoffengagements auch für den Energieträger interessieren, sollten die Botschaft vernehmen: Zumindest wenn es nach den dominierenden Kräften innerhalb der Opec geht, wird der Ölpreis auf absehbare Zeit nicht weiter steigen, sondern auf einem Niveau von knapp über 105 Dollar je Barrel (159 Liter) verharren. Insbesondere von saudi-arabischer Seite ist zu hören, dass man sich mit dem aktuellen Preisniveau recht wohl fühlt und daher den Daumen auf dem Ölpreis halten will.

Schwache Weltkonjunktur

Die Gründe dafür liegen vor allem in der nach wie vor recht schwierigen Lage der Weltkonjunktur. So befindet sich die Eurozone in einer Rezession, die nach Ansicht der Europäischen Zentralbank auch 2013 noch andauern dürfte. In den USA ist immer noch kein Ende des Streits zwischen Demokraten und Republikanern um den Staatshaushalt in Sicht. Damit ist die Gefahr, dass die USA über die fiskalische Klippe fallen, noch nicht gebannt. Auch wenn nicht damit zu rechnen ist, dass die maximal mögliche Schadenswirkung durch automatische Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen von rund 600 Mrd. Dollar die Volkswirtschaft treffen wird - es ist durchaus denkbar, dass eine Lösung bis zum Stichtag 1. Januar noch nicht gefunden ist. Wenn dann erste automatische Maßnahmen zur Begrenzung der Ausgaben und erste Steuererhöhungen in Kraft treten, wird zwar der Druck auf die Politiker in Washington erheblich steigen. Allerdings würde auch die Nervosität an den Märkten und in der Realwirtschaft rasant zunehmen - und sich die konjunkturelle Perspektive eintrüben.

In den Emerging Markets dürfte das Wirtschaftswachstum in einem Schlüsselland wie China 2013 leicht unter dem Niveau des nun zu Ende gehenden Jahres bleiben. In einem solchen Umfeld würde ein steigender Ölpreis den Produzentenländern höchstens kurzfristig zusätzliche Einnahmen bringen. Zu rechnen wäre aber bei nach oben aus dem Ruder laufenden Ölnotierungen mit einem deutlichen Rückgang des Verbrauchs, was auf die Einnahmen durchschlagen würde.

Dass die Saudis jetzt ihre Produktion mit 9,5 Mill. bpd - ausgehend von einem Rekordstand von 10,1 Mill. bpd vor wenigen Monaten - auf den niedrigsten Stand seit rund einem Jahr gedrosselt haben, widerspricht dem nicht. Das führende Ölförderland reagiert damit lediglich auf eine Anhebung der Förderung in den USA sowie auf die konjunkturell bedingte Nachfrageschwäche.

Für Investoren bedeutet dies, dass Wetten auf einen steigenden Ölpreis bis weit in das Jahr 2013 kaum Aussicht auf attraktive Renditen bieten, da die Saudis auf einen stabilen Ölpreis Wert legen und angesichts eines Anteils von rund einem Drittel an der gesamten Opec-Fördermenge auch durchaus die Fähigkeit haben, dies durchzusetzen. Erst im zweiten Halbjahr 2013 ist nach Meinung vieler Analysten mit einem moderat auf rund 120 Dollar je Barrel kletternden Ölpreis zu rechnen. Der leichte Anstieg, der Investoren sicherlich nicht zu Begeisterungstürmen verleiten wird, dürfte mit der absehbaren Aufhellung der globalen Konjunktur einhergehen. Den Preisauftrieb eng begrenzen wird dabei, dass die Nicht-Opec-Produzenten ihre Fördermengen 2013 spürbar erhöhen werden - dies betrifft vor allem die Schieferölproduktion in den USA und die kanadischen Teersände. Mit erwarteten 54 Mill. bpd wird mittlerweile außerhalb der Opec deutlich mehr produziert als innerhalb des Kartells, so dass eine Mengenerhöhung in diesem Bereich Wirkung zeigt.

Das beschriebene Szenario gilt freilich nur, wenn die vorhanden geopolitischen Risiken - vor allem der Konflikt um das iranische Atomprogramm - nicht eskalieren. Sollte das aber geschehen, was insbesondere für das zweite Halbjahr 2013 als nicht unwahrscheinlich gilt, wären bei Rohöl auch kräftige Preissprünge drin.

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