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Börsen-Zeitung: Gnadenfrist, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots)

Bei den Haltern von Staatsanleihen dürfte sich
am Freitag Erleichterung eingestellt haben. Denn der mögliche Rutsch 
auf neue Kurstiefen ist ausgeblieben. Anders als nach den 
überraschend starken US-Arbeitsmarktzahlen vom November erwartet 
worden war, ist der Stellenabbau in der amerikanischen 
Volkswirtschaft im Dezember doch noch nicht zum Stillstand gekommen. 
Nach der Bekanntgabe eines Abbaus von 85000 Stellen setzte sich die 
Rendite zehnjähriger Bundesanleihen am Freitag wieder ein Stückchen 
von ihrem Drei-Monats-Hoch von 3,43% nach unten ab. Wahrscheinlich 
haben die Investoren aber nur eine Gnadenfrist eingeräumt bekommen. 
An dem negativen Umfeld, das sich in diesem Jahr für Staatsanleihen 
zusammenbraut, ändert sich durch den Bericht nichts. Die Zeichen 
stehen eindeutig auf anziehende Renditen, d.h. nachgebende 
Notierungen. Zufriedenstellende Anlageerträge werden nicht zu 
erzielen sein.
Rekordhohe Emissionen
Erhebliche Belastungen werden u.a. von den fiskalischen Folgen der
Krise ausgehen. In den Industrienationen haben sich die Regierungen 
mit ihren gigantischen Stützungsmaßnahmen zur Bekämpfung der Krise 
hoch verschuldet. Gleichzeitig ist aufgrund des wirtschaftlichen 
Einbruchs das Steueraufkommen stark eingebrochen. Vor diesem 
Hintergrund werden sie den Kapitalmarkt auch in diesem Jahr mit 
extrem hohen Volumina beanspruchen. Unicredit schätzt, dass die 
Staaten des Euroraums im mittleren bis langfristigen 
Laufzeitenbereich Anleihen von rekordhohen knapp 1 Bill. Euro 
auflegen werden nach rund 940 Mrd. Euro im gerade beendeten Turnus. 
Netto, nach Abzug der Tilgungen, rechnet das Institut mit einem 
Volumen von 465 Mrd. Euro, 75 Mrd. Euro mehr als im Jahr 2009.
Damit nicht genug, konkurrieren die Staaten auch noch mit weiteren
Emittenten-Kreisen, die den Kapitalmarkt derzeit in einem bisher noch
nicht da gewesenen Ausmaß beanspruchen. Nach dem Euro-Emissionsrekord
vom Vorjahr werden die Unternehmen angesichts der anhaltenden 
Schwierigkeiten, Kredite zu erhalten, auch in diesem Turnus keine 
andere Wahl haben, als den Kapitalmarkt zu beanspruchen. Zum 
Jahresauftakt zeigt außerdem noch der Bankensektor eine äußerst rege 
Emissionsaktivität. Die Société Générale überschrieb ihren 
wöchentlichen Covered-Bond-Marktbericht mit "Turbo Speed into 2010". 
Die Bank rechnet für dieses Jahr mit einem Anstieg der Emissionen von
130 Mrd. auf 168 Mrd. Euro und hält es für durchaus möglich, dass 
dieser Wert noch übertroffen wird. Damit würde auch der bisherige 
Rekord des Jahres 2006 von 179 Mrd. Euro in Reichweite geraten.
Ebenso schwer wie die rekordhohe Inanspruchnahme des Kapitalmarkts
wird wiegen, dass das Jahr 2010 von einem für Staatsanleihen alles 
andere als zuträglichen Thema geprägt sein wird. Über kurz oder lang 
werden die großen Notenbanken unter Führung der amerikanischen Fed 
beginnen, den Markt auf die geldpolitische Wende, d.h. das Ende des 
Niedrigzins-Umfelds, vorzubereiten. Änderungen in der Rhetorik, 
möglicherweise aber auch Wirtschaftsdaten, die auf ein Herannahen der
monetären Wende hindeuten, dürften bereits im Voraus dafür sorgen, 
dass die Staatsanleihe-Märkte unter Druck geraten. Auf der anderen 
Seite würde aber auch ein Hinauszögern der geldpolitischen Wende 
letztlich nicht helfen. Denn dann würde früher oder später eine 
Diskussion darüber einsetzen, ob sich die Notenbanken nicht zu viel 
Zeit lassen und damit Gefahr laufen, dass die Inflation anzieht.
Aber auch kurzfristig werden die Staatsanleihen Belastungen 
ausgesetzt sein. Nach wie vor ist die Stimmung unter den Investoren 
sehr gut, was Risiko-Assets zugutekommt. In der neuen Woche wird nun 
mit dem Aluminium-Konzern Alcoa das erste Unternehmen des Dow Jones 
seine Zahlen für das vierte Quartal 2009 vorlegen. Sollte sich das 
Muster der Berichterstattung zum dritten Quartal wiederholen und sich
herausstellen, dass die tatsächliche Ergebnisentwicklung von den 
Analysten unterschätzt worden ist, würde dies den Aktien- sowie den 
Credit-Märkten zu einem Schub verhelfen - zulasten sicherer Häfen wie
den Staatsanleihen.

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